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Meschugge

BRD 1998 (Meschugge) Regie und Buch Dani Levy, 107 Min. FSK ab 12

Der Film beginnt mit einem Brandanschlag und den Rufen "Juden raus". Der betroffene jüdische Schokoladenfabrikant zeigt sich jedoch unberührt. Laut wird seine Enkelin Lena Katz (Maria Schrader), sie wirft deutschen Autoritäten an, sie würden die Judenverfolgung erneut geschehen lassen. Diese überzeigte Wut wird allerdings im Laufe der packenden Handlung in den tränenreichen Staub der Demut gedrückt, denn dieser Film macht auch "meschugge": Mehrmals wird gesagt "Nichts ist selbstverständlich" und diese Antithese zu unbedachten Gewißheiten stellt der Film nicht nur dar, er praktiziert sie auch. Man kann sich nicht einfach auf die Schubladen von "gut" und "böse" verlassen, eigenes Nachdenken und Beobachten ist bei diesem Film vonnöten.

"Meschugge" entwickelt seine spannende Krimi-Story auf den menschlichen Trümmerfeldern des Holocausts, ist gut inszeniert, zügig erzählt. Nur die Dialoge und das Spiel sind schon mal hölzern. Man fragt sich, ob Dani Levy hier den David Fish wirklich selber hätte spielen müssen. Schade - weil der Film sonst richtig gut geworden wäre. Aber auch schade um das Engagement von Maria Schrader und Dani Levy beim Schreiben, der Inszenierung und dem Spielen.

Dani Levys fünfter eigener Spielfilm ist anders als viele Filme zum Leben nach dem Holocaust. David Fish gehört zu einer - fast kann man sagen zweiten - Generation der Nachgeborenen. Seine Eltern waren noch Kinder als in Deutschland Juden verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt und in unfaßbarem Umfang umgebracht wurden. Jetzt kann diese Generation einen neuen Weg des miteinander Lebens finden.

Stellvertretend kommen Lena und David Fish zusammen. Ist es Liebe auf den ersten Blick oder findet sich in den noch etwas anderes? Die Familien heißen Katz und Fish, könnten aber auch Katz und Maus heiraten. So wie "Meschugge" einfaches Feinddenken auf's Glatteis führt, irritiert er auch mit neuen "Ansichten". Daß es einer Familie/Volksgruppe scheinbar im Blut liegt, die andere umzubringen, läßt sich nicht so einfach akzeptieren. Daß Lena Katz immer an ihrer "Schicksennase" erkannt wird ist eine äußerst spöttische Antwort auf "jüdische Nasen".

Zwar hört man dumm-zynistische Sprüche in der Art wie "Gott sei Dank ist nichts passiert" (angesichts einer Leidensgeschichte, die für einzelne Menschen viel zu groß ist), aber nie wird dick aufgetragen. Gleichzeitig stellt "Meschugge" sich mit abschreckendem Beispiel und sympathischen Gegenentwurf gegen die Militanz, gegen fanatisches Agieren - auch dem der richtigen Seite. Im Gegensatz zum Eröffnungsfilm der Berlinale, zu "Aimée und Jaguar" ist dies kein Film, der den Erwartungen langweilig entspricht.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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