Der Mann auf dem Quai

Fr/Kan/Haiti 1993 (L'homme sur les quais) Regie: Raoul Peck, 105 Min., franz./kreolisches Original mit Untertiteln

Vermischte Stücke aus der schmerzhaften Erinnerung eines Mädchens fügen sich zusammen: Sarah glückliche Zeit mit dem Vater, einem haitianischen Hauptmann. Erste Auseinandersetzungen mit dem brutalen Kommandanten Janvier, das Versteck bei der mutigen Großmutter Camille und die Flucht der Eltern vor den folternden und mordenden Schergen des Diktators Duvalier, auch Papa Doc genannt. Die Folter von Sarahs Paten Sorel kann die lebendige Phantasie des Mädchen ebensowenig unterdrücken wie die Trennung von den Eltern. Erst die Entführung der aufrechten Camille durch die berüchtigten Tonton Macoutes schneidet sich lebenslang in Sarahs Erinnerung ein.

Es ging dem Haitianer Peck in der wunderbar fotografierten Geschichte Haitis nach 1957 darum, "das kollektive Gedächtnis eines Volkes wiederherzustellen." Für die betroffenen Haitianer, aber auch für alle, die solche Willkür erleiden - in "Jugoslawien, in Südamerika und sogar in der Pariser Metro." Peck fiel mit engagierten Filmen auf: "Haitian Corner" über einen Mann, der in New York seinen Folterer trifft sowie eine fiktive Dokumentation zur Ermordung des Präsidenten "Lumumba".

Für viele mag Haiti weit weg sein und mit den Schlagzeilen über eine US-Invasion ist vielleicht auch das Interesse verblaßt. Doch der intensive Film wühlt einen wieder in diese persönliche und politische Geschichte ein. Er macht erinnernd seine eigene Aussage wahr: "Es ist so lange her und doch war es gestern."


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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