Das Mädchen mit dem Perlenohrring

GB, Luxemburg 2003 (The Girl with the Pearl Earing) Regie: Peter Webber mit Scarlett Johansson, Colin Firth, Cillian Murphy 101 Min. FSK ab 6

Ein Film wie ein Bild: Die rätselhafte Faszination eines bekannten Vermeer-Gemäldes inspirierte zu dieser schönen Geschichte um seine mögliche Entstehung.

Vom Delfter Maler Jan Vermeer (1632-1675) blieben uns nur 35 Bilder. Privates wissen wir nicht viel - zum Glück für diesen reizvollen Film. Denn er nutzt die Freiheit von biographischen Fesseln zu einer verspielten Anekdote rund um ein Gemälde, "Das Mädchen mit dem Perlenohrring". Griet (Scarlett Johansson), das neue Hausmädchen der Vermeers, fühlt sich von den Utensilien in der heiligen Malkammer angezogen. Ansonsten verrichtet sie unscheinbar und still ihren Dienst unter der Fuchtel der strengen Gattin Vermeers und unter dem aufmerksamen Blick der Schwiegermutter und Hausherrin. Während die herrschaftliche Dame sich rücksichtslos wie ein Manager verhält, versteht das Hausmädchen seine Kunst. In ihrem Staunen mit gesenktem aber neugierigem Blick erstarren wir auch vor dem Bild. Der unnahbare Meister (Colin Firth) entdeckt dieses Interesse und nimmt sich ihr an. Wir verstehen nun mit ihr die Nuancen der Wolkenfarben. Griet darf nun Farben mahlen, mischen und bereiten, wird zur Assistentin und verändert schließlich sogar die Gegenstände im Bild.

Auf Wunsch eines ebenso reichen wie lüsternen Patrons soll Griet allerdings Model für ein neues Motiv sein. Für die erhofften Einkünfte duldet die Familie eine intensive Beziehung, deren mögliche Sexualität höchstens in Bildern oder im eindeutig sexuell belegten Durchstoßen der Ohren mit einem Tropfen Blut ausdrückt. Doch eine Intrige der eifersüchtigen Vermeer-Tochter Cornelia beendet diese Episode, von der nur ein Bild blieb: "Das Mädchen mit dem Perlenohrring".

Unaufdringlich aber gekonnt lehnt sich der Film an den Stil Vermeers an, betont das Spiel des Lichtes, die Reflektionen auf weiße Hauben. Sehr sinnlich die Präsentation von Nahrung auf den Märkten und in der Küche. Das alte Delft mit vielen Brücken und Kanälen wurde in Venedig gedreht, aber vor allem dem Spiel der jungen Scarlett Johansson (mit einem überzeugenden hat ein holländischen Gesicht) verdankt man ein Verständnis für historische Lebens- und Sozialverhältnisse. Selbstverständlich bietet das Kinodebüt vom Dokumentaristen Peter Webber auch eine Reflektion über die Abhängigkeit der (Film-) Kunst von einem Patron, da brauchte es nicht des Hinweises einer Camera Obscura mit der Vermeer neue Einsichten zu gewinnen sucht. Wie bei einem Gemälde Vermeers bietet auch der Film reichlich Entdeckungen im Detail und auf vielen Ebenen. Schöne Ideen und Bilder vereinigen sich dabei in warmer Harmonie.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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