Lost in Translation

USA 2003 (Lost in Translation) Regie Sofia Coppola mit Bill Murray, Scarlett Johansson, Giovanni Ribisi 102 Min. FSK ab 6

Zwei einsame Seelen treffen sich in Sofia Coppolas zweitem Film an einer Hotelbar in Tokio und entdecken eine außergewöhnliche Freundschaft.

Inhalt
Zwei Amerikaner begegnen einander an einer Hotelbar in Tokio: Ein ehemaliger Fernsehstar, der in Japan einen Werbespot für Whiskey dreht, und die junge Frau eines berühmten Fotografen. Auf der Suche nach einem Seelenverwandten verbringen beide ein Wochenende miteinander, entdecken die Stadt und eine außergewöhnliche Freundschaft.

Kritik
Sofia Coppolas zweiter Film nach "The Virgin Suicides", die ungewöhnliche Liebesgeschichte zweier einsamer Seelen in Tokio, wird schon jetzt als Kult gehandelt - sicherlich auch dank Komiker Bill Murray in der männlichen Hauptrolle, der seit seinen Auftritten in Wes Andersons "Rushmore" und "The Royal Tenenbaums" auch unter Kritikern den Rang eines ernstzunehmenden Schauspielers eingenommen hat.

Bill Murray (Bob Harris),
Scarlett Johansson (Charlotte),
Giovanni Ribisi (John),
Anna Faris (Kelly),
Fumihiro Hayashi (Charlie),
Catherine Lambert (Jazz-Sängerin)

http://www.lost-in-translation.film.de

Ausführliche Besprechung
Sofia Coppola mag Venedig - und Venedig mag sie. 1998 besuchte sie mit ihrem Kurzfilm "Lick the Star", 1999 mit ihrem Spielfilmdebüt "The Virgin Suicides" das Festival auf dem Lido der Lagunenstadt. Dieses Jahr hatte die Tochter von Francis Ford Coppola "Lost in Translation" im Gepäck, der in der (zweiten) Wettbewerbsreihe Controcorrente zur Aufführung kam und von Publikum wie Kritik mit viel Beifall und Szenenapplaus bedacht wurde. Formal makellos gestaltet und mit Bill Murray sowie Scarlett Johansson ideal besetzt, scheint diese somnambule, streckenweise urkomische Beziehungsstudie fürs Arthousepublikum maßgeschneidert.

Grundidee, so Coppola, die auch das durchdachte, präzise getimte Drehbuch geschrieben hat, waren ihre Erfahrungen mit den Auswirkungen des Jet-Lag: "Diese Momente, in denen man plötzlich mitten in der Nacht hellwach in einem Hotelbett liegt und darüber nachzudenken beginnt, ob man sein Leben richtig lebt." Genau mit dieser Frage sieht sich ihr liebenswerter (Anti-)Held Bob Harris (Murray) konfrontiert, ein abgehalfterter US-Star, der von Los Angeles nach Japan reist, um in einen überaus gut bezahlten Whisky-Spot mitzuwirken. Gerädert und übernächtigt checkt er ins Tokioter Park Hyatt ein, wo er zunächst nur eins will - richtig ausschlafen. Doch seine innere Uhr tickt anders, der Schauspieler wälzt sich unruhig auf dem Laken herum, zappt sich durch unverständliche TV-Programme - darunter die lächerlich anmutende Synchronfassung einer seiner alten Leinwandhits - und telefoniert mit seiner Frau, die ihm eine Entscheidung für eine neue Teppichbodenfarbe abzuringen versucht. Entnervt zieht sich Bob wieder an und geht in die Hotelbar, wo er Charlotte (Johansson) trifft. Die junge Amerikanerin, frisch verheiratet mit einem erfolgreichen, eitlen Fotografen (überzeugende Nervensäge: Giovanni Ribisi) steht auch vollkommen neben sich. Todmüde, vom rastlosen Mann allein gelassen, den fremden Eindrücken hilflos ausgesetzt, kommt sie mit ihrem Leidensgenossen ins Gespräch.

Was auf den ersten Blick wie eine gegen den Strich gebürstete Liebesgeschichte aussieht - O-Ton Johansson: "Lassen sie sich nicht täuschen, sie haben es hier nicht mit "Die Brücken am Fluss" zu tun" -, ist in Wirklichkeit die Studie eines in die Jahre gekommen Mannes, der plötzlich erkennt, dass sein Leben aus dem Ruder gelaufen ist. Er hat zwar Geld, Kinder, ist berühmt, doch das Glück, die Zufriedenheit fehlen. Im Neongleißenden Lichtermeer der sich ewig in Bewegung befindenden japanischen Metropole, in Glückspiel- und Automatenhallen, in Karaoke-Bars und Sushi-Restaurants mit unverständlichen Speisekarten erkennt er, dass er zum Fremden im eigenen Leib geworden ist, während in seiner Begleiterin allmählich der Zweifel keimt, ob sie den Richtigen geheiratet hat. Das erzählt die Filmemacherin mit leichter Hand, nutzt geschickt ihren exotisch anmutenden, von Lance Acord in kalten Farben fotografierten Schauplatz und räumt dem legendären Ex-SNL-Zugpferd Murray ("Und täglich grüßt das Murmeltier") viel Platz ein, sein ernstes wie komisches Talent unter Beweis zu stellen. Mal ist er zum Schreien witzig, etwa wenn er Roger Moore alias James Bond imitiert oder gewisse Schwierigkeiten damit hat, den scheinbar endlosen Regieanweisungen seines japanischen Clipregisseurs zu folgen, mal nur zu tiefst bemitleidenswert, wenn er beispielsweise krampfhaft versucht, mit asiatischen Höflichkeitsriten zu Rande zu kommen.

"Lost in Translation" - der Titel ist durchaus wörtlich zu verstehen - ist eine schauspielerische tour de force, bei der Johansson Murray in nichts nachsteht, eine bitter-süße Romanze und ein kluger Beitrag zum Thema menschlicher Entfremdung. Sofia Coppola, als Schauspielerin in "Der Pate III" böse verlacht, hat sich als Regisseurin (erneut) bewiesen und mit dieser innovativen, stilsicheren Low-Budget-Arbeit endgültig einen Nischenplatz in Hollywood gesichert. geh.

Quelle: Blickpunkt:Film

Seitenanfang

Home  
Diese Seite:   Drucken   Versenden   
http://www.mediabiz.de/mb_index.afp?Biz=mediabiz&Premium=N&Navi=00000000
blickpunktfilm.de | musikwoche.de | gamesmarkt.de | videowoche.de | dvdvideoreport.de

mediabiz-Premium-Info | Ihr Firmenauftritt | mediabiz-jobs.de | Entertainment Daily | Aboshop | Mediadaten


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch

Ein Service von

arena internet service

FILMtabs-Logo