Lemony Snicket - Rätselhafte Ereignisse

USA 2004 (Lemony Snicket's A Series of Unfortunate Events) Regie: Brad Silberling mit Jim Carrey, Jude Law, Meryl Streep 108 Min. FSK ab 6

Schrecken - das ist der Zustand, in den man durch böse Überraschungen gerät. Wie zum Beispiel wenn dieser Film mit einem kichernden Zeichentrick-Elfen beginnt. Doch - Schreck lass nach - zum Glück ist dies kein fröhlicher, bunter Film! Dies ist ein wunderbar düsterer, köstlicher Film über drei Waisen, die ein furchtbarer Brand hinaus in eine grausame Welt treibt. Deshalb empfiehlt der Erzähler auch den Zuschauern, rechtzeitig das Kino oder das Flugzeug zu verlassen, nebenan läuft bestimmt ein fröhlicher, bunter Film ...

Der Erzähler ist - im Original - Jude Law, dem man zurzeit nicht entkommt ("Closer", "Alfie", "Sky Captain"). Seine Stimme setzt den Ton der unglücklichen Ereignisse, die den drei Baudelaire-Waisen widerfahren. Autor der erfolgreichen Kinderbuchreihe ist Lemony Snicket, alias Daniel Handler. Dieser Film fasst die Ereignisse der ersten drei (von elf) Büchern zusammen und begeistert ebenso mit der Mischung aus lakonisch vorgetragener, düsterer Tragik und herzerfrischend selbstverständlicher Raffinesse der Kinder-Helden.

Der Kinofan muss schon beim Text an die dunklen Welten von Tim Burton ("Nightmare before Christmas", "Batman", "Edward mit den Scherenhänden") denken, doch diesmal inszenierte Brad Silberling ("Casper") reiche, fantastische Traumwelten in den Filmstudios.

Und mittendrin, diese armen Baudelaire-Kinder ... Doch man sollte sie nicht unterschätzen, Violet, die 14-jährige Erfinderin, den genialen Bücherwurm Claus und die kleine, bissige Sunny mit ihrem Vier-Wort-Schatz. Nach dem Tod der Eltern lädt ein freundlicher Notar die Kinder beim nächsten Verwandten ab, wobei er tragischerweise nicht den Verwandtschaftsgrad, sondern die Entfernung meint. Graf Olaf (Jim Carrey) haust in einem verkommenen Verlies und missbraucht die armen Waisen als billige, sicher steuerfreie Haushaltshilfen, um an das Vermögen der Familie Baudelaire zu kommen. Dazu plant er gar gemeine Mordanschläge, stellt sie etwa vor einem Zug auf den Gleisen ab. Doch gemeinsam meistern sie Kummer und alle unglücklichen Ereignisse. Ihr Motto: Es gibt immer eine Lösung!

Es ist erstaunlich, dass so viel braun und grau so viel Spaß machen kann. Aber da sind ja auch die liebevollen Details der exquisit grauslichen, ziemlich alt wirkenden Ausstattung mit Anachronismen wie Zentralverriegelung und Funktelefonen in den Autos. Oder ein wunderschönes Schattenspiel der einsamen Waisen, behütet vom Scherenschnitt der Eltern. Die Studiobilder wirken wie Gemälde, Szenerien aus Traumwelten. Die packende Geschichte wird immer wieder gebrochen: Mal reißt im spannendsten Moment das Farbband an der Schreibmaschine des Erzählers, mal erklärt dieser Sinn und Unsinn im Gebrauch eines bestimmten Wortes. So muss der FILM-Kritiker ausnahmsweise den Vergleich zum Buch bemühen: Zu wenig Text, viel zu wenig Text.

Und dann noch dieser Jim Carrey, der seine Nebenrolle unziemlich aufbläst. Als Graf Olaf, als selbst überschätzter Schauspieler (!), verfolgt er die Kinder in vielfältiger Verkleidung. Dabei verkommt der herrlich schwarze Stoff zur Carrey-Show. Trotzdem und mit all den anderen wunderbar schrägen Figuren, dem schottischen Schlangenfan Onkel Monty, der überängstlichen, grammatikalisch überkorrekten und emotional schwierigen Tante Josephine (Meryl Streep), gelang es, Lemony Snickets Stil in einen herrlichen Film zu übertragen. Er gibt Kindern und Erwachsenen Mut, denn eine Reihe von unglücklichen Ereignissen kann auch der Anfang eines neuen Lebens sein.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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