Der Lockvogel

Fr 1994 (L'appat) Regie Bertrand Tavernier, 113 Min.

Sie sind jung, sie wollen Erfolg, aber sie wissen nicht, was sie tun. Das alte Problem jugendlicher Dummheit führt heute zu absolut sinnlosem Morden - zeigt der weise französische Regisseur Tavernier. Nathalie will Schauspielerin werden, oder auch Modell. Ihr Weg zu Erfolg, bekannten Marken und luxuriösem Leben soll über möglichst viele Bekanntschaften mit scheinbar einflußreichen Männern führen. Die Ergebnisse einer anstrengende Nachtarbeit mit ihre glatten Schönheit und ihrem jungen Körper verwaltet sie in einem Adreßbuch. Ihr Freund Eric will eine Ladenkette im vergötterten Amerika aufmachen. Ohne Geld und ohne Erfahrung soll ein Raub mit dem einfältigen Kumpel Bruno die wirtschaftliche Basis besorgen. Nathalie schleust als Lockvogel ihre Freunde bei aufgeregt flirtenden älteren Herren ein. Eine idiotische Suche nach "dem Safe" (wohl aus irgendeinem amerikanischen Film) geht über Leichen.

Die erschreckende Dummheit in beinahe jeder Hinsicht ist ähnlich schockierend wie das unsinnige, dilettantisch brutale Töten. Bei Tavernier braucht man nicht zu erwähnen, daß ihm erneut ein brillanter Film in einem entsprechenden, oft aus der Hand dokumentarisch gefilmten Stil gelang. (Diese Handhabung ähnelt seinem ungewöhnlichen Film aus dem Polizeimilieu, "L. 627".) Die Frage der Position ist unausweichlich: Ist die kalte, materialistische Lebenssicht der Jugendlichen genau beobachtet von Tavernier und seiner Frau Colo Tavernier O'Hagan? (Sie verfolgte die Gerichtsverhandlung der Verbrechen, die dem Film zugrunde liegen.) Oder ist das erschreckende Porträt die Sicht eines verständnislosen alten Mannes? "Der Lockvogel" erhielt den Goldenen Bär bei der Berlinale 1995.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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