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Das Leben ist schön

Italien 1998 (La vita è bella) Regie Roberto Benigni, 132 Min.

Humoriger Holocaust?

Von Günter H. Jekubzik

Kann man ernsthaft über Sterben und (Über-) Leben im Konzentrationslager lachen? Der italienische Komiker Roberto Benigni inszenierte sich selbst als heldenhaften Clown im stürmisch bejubelten Wettbewerbsfilm "La vita è bella" - deutsch: Das Leben ist schön. In einer romantischen Liebesgeschichte erobert Guido (Benigni) mit vielen phantastischen Ideen das Lachen und das Herz der schönen Dora (Nicoletta Braschi). Noch lacht der naive Schelm über Geschäftsschilder "Für Juden und Hunde verboten". Das sei eine persönliche Sache, erklärt er seinem kleinen Sohn Giosue (Giorgio Cantarini), einige Kaufleute würde Chinesen und Känguruhs den Zutritt verwehren. Doch ausgerechnet am Geburtstag Giosues wird dieser mit seinem Vater und dessen Onkel von Deutschen abtransportiert. Um den Jungen nicht zu verängstigen, erzählt Guido, sie würden an einem Spiel teilnehmen, eine Art Ferienlager. Guido verspricht seinem Sohn, sie würden sich "totlachen"! Wer als erster 1000 Punkte hätte, dürfte mit einem echten Panzer nach Hause fahren. Selbst die gebrüllten Anweisungen eines Lagersoldaten übersetzt der Komiker als eher freundliche Spielanweisungen - obwohl er selbst kein Deutsch versteht. Nun jammert das Kind nicht bei Hunger, versteckt sich, als alle Alten und Kinder vergast werden, brav vor den Bewachern. Zwischendurch schafft es der Held des Humors sogar, seiner Frau, die sich aufopferungsvoll dem Judentransport anschloß, Lebens- und Liebesbotschaften zu übermitteln. Er spielt über das Lager-Grammophon ihr gemeinsames Lied!

Die Einfälle, mit denen Benigni die Absurdität der Konzentrationslager und der Vernichtung ins Alberne überführt, verdienten ihren Szenenapplaus. Was der italienische Komiker als "Das Monster" oder als Wi(e)dergeburt des Inspektor Clouseau an überdrehtem Klaumauk verbrach, paßt jetzt in den fantastischen Zwischenraum von Romantik und Komik. Doch vor allem in Deutschland wird sich Benigni erklären müssen, weshalb er ein KZ so unrealistisch und verharmlosend darstellt. Dabei findet sich Guido in der drastischsten Szene mit seinem Sohn auf dem Arm nächtens vor einem Leichenberg. Aber selbst dieser ist eher graphisch als realistisch darstellt. So entspricht der Film einer Zeit, die sich von der direkten Erinnerung an den Holocaust verabschiedet. In den nächsten Jahren werden immer mehr Kunstwelten von diesem Grauen erzählen wollen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik