Kroko

BRD 2003 (Kroko) Regie Sylke Enders mit Franziska Jünger, Alexander Lange, Hinnerk Schönemann 92 Min.

Sie ist eine blonde Schlampe, ein blöder Luder und kein Gramm sympathisch: Julia (Franziska Jünger) klaut und hängt im Berliner Krisenviertel Wedding herum. Sie will Kroko genannt werden, aber das wäre eine Beleidigung der Alligatoren! Zu hause ist alles Scheiße, aber das liegt auch hauptsächlich an Julia selbst. Ganz selbstverständlich bedient sie sich im Supermarkt, ebenso ungefragt schnappt sie sich besoffen ein Auto und überfährt einen Radfahrer. Jetzt wird sie vom Gericht verdonnert, in einer Behinderten-WG zu arbeiten.

Julia tut erstmal das gleiche wie immer: nichts. Ihre Gang zieht sie mit den "Spastis" auf, aber die Göre weiß sich zu wehren. Doch ganz unmerklich zeigt das Biest ein anderes Gesicht. Auch weil ihr Freund sie betrügt und schlägt, fühlt Julia sich bei den Behinderten und dem anfangs verachteten bärtigen Birkenstock-Sozialarbeiter Micha mehr aufgehoben als in ihrer Clique. Klar ist sie das eigentliche Sorgenkind im Heim, kann nicht sagen, was sie eigentlich will, macht deshalb auf frech und trotzig. Doch der Gruppenzwang dämlicher Coolness löst sich an mehreren Stellen auf. Julia entdeckt, was Leute wirklich wollen und was in ihnen steckt.

Es mag sich bekannt anhören, aber Sylke Enders gelang bei ihrem ersten Langfilm, eigenständige Figuren auf die Leinwand zu bringen. Schon einmal hatte Enders "Kroko" gedreht, damals als halbstündigen Kurzfilm für die ZDF-Reihe "Boomtown". Die frechen Schnautzen, das Gehabe, der Slang - alles stimmt und interessiert auch jetzt. Diese kleine Geschichte von Nebenan schafft es tatsächlich, ohne aufgesetzte Dramatik zu packen und zu berühren.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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