Johanna, die Jungfrau
Fr (Jeanne la pucelle) Regie Jacques Rivette, 300 Min.
Von Günter H. Jekubzik
Mit "Johanna, die Jungfrau" traute sich der immer noch junge Meister-Regisseur Jacques Rivette (geboren 1928) an einen der großen, mythischen Stoffe der Filmgeschichte. Seit Max Sladanowsky (1896) ließen sich unter anderem Dreyer, Rossellini und Robert Bresson von der jungfräulichen Ritterin fesseln, die Orleans 1429 für Gott und Frankreich von den Engländern befreite. Danach geriet sie in Gefangenschaft und verbrannte auf dem Scheiterhaufen.Sandrine Bonnaire, die Verlorene aus "Vogelfrei", die Schöne aus "Einige Tage mit mir", ist nicht die blutleere Heilige. Den modernen Zweifel an göttlichen Stimmen, die zum Kampf gegen die Besatzer aufrufen, trägt sie selber im Herzen, lacht aber auch, steht mitten in der Welt. Die mit dieser Leistung in den Rang einer ganz großen Darstellerin aufgestiegene Französin geht derart in der gläubigen Jeanne (Johanna) auf, daß man ihr alles glaubt: Die Beharrlichkeit, der Kampfeswillen dieser jungen, schmächtigen Person, die dem Dauphin die Führung einer Truppe abtrotzt. Diese führt sie im ersten Teil von "Johanna, die Jungfrau", "Der Kampf", bis zum Sieg über die englischen Truppen.
In dem unglaublichen, vollkommen gegen den Trend aufwendiger Großprojekte wie "Die Bartholomäusnacht" gedrehten Opus von Rivette wälzen sich keine Heere in Technicolor auf trutzende Burgen zu. Nur eine Handvoll Kämpfer schlägt sich mit ein paar Sturmleitern per Hand, so wie der Film mit Hand und Herz gemacht erscheint. Vor allem in den intensiven ruhigen Passagen, die im Wechsel von Handlung und Berichten der Zeitzeugen inneren Kämpfen ausgebreitet Raum lassen.
Im zweiten Teil "Der Verrat" wird bei Haft und Verurteilung spürbar, daß die englischen Geistlichen nicht einen Gegner, sondern vor allem eine Frau brechen wollen. Sobald Jeanne Frauenkleider anlegt, wird sie zum Opfer. Das Ketzertum spielt sich nicht in religiösen Sphären ab, der Kampf der Geschlechter fordert das Opfer Jeanne auf den Scheiterhaufen. Rivettes Meisterwerk fesselt mit seiner einfachen, kargen Art volle fünf Stunden lang.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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