Jazz Seen

BRD 2001 (Jazz Seen) Regie Julian Benedikt, 80 Min. OmU

Nach dem Portrait des Labels "Blue Note" widmete sich der Berliner Regisseur Julian Benedikt einer weiteren faszinierenden Facette der Jazz-Szene, dem legendären Fotografen William Claxton. In einer der Spielszenen sagt William als kleiner, bettlägeriger Junge, er möchte all die Berühmtheiten, die er aus Magazinen geschnitten und gesammelt hat, in "seinem Club" haben. Heute kann Claxton sagen, er hatte sie alle - vor der Kamera, in seinem Sucher.

Seit den Fünfzigern ist Claxton in der Szene, er hat den trampenden Hopper am Sunset Boulevard mitgenommen und sie sind Freunde geworden. Er war beim ersten Konzert von Chet Baker dabei und entdeckte dessen fotogene Seite. Der Regie-Veteran John Frankenheimer, der Hollywood-Star, Jazz-- und Kunst-Liebhaber Dennis Hopper und vor allem die Musiker selber verehren ihn. Einige stellen ihn in eine Reihe mit Van Gogh. Immer wieder loben sie, dass Claxton, das Schöne in den Menschen findet und das Gespür für den richtigen Moment hat.

Am bekanntesten sind wohl seine Albumfotos für das Blue Note-Label. Noch heute lassen sich die Stars wie Cassandra Wilson oder Diane Krall von ihm die Coverfotos machen. Für die Plattenhüllen der alten Reihe "West Coast Jazz" ließ er einen Taucher mit Trompete aus dem Meer kommen, fuhr mit Chet Baker und dessen Band Boot, machte den Saxophonisten Sonny Rollins für "Way out West" zum Cowboy. Mit dem deutschen Musikjournalisten Joachim E. Behrendt reiste er zu den musikalischen Wurzeln der USA.

Als genialer Einfall erweist sich ein Treffen mit dem Akt-Fotografen Helmut Newton. In der Begegnung mit einem Frauen-Knipser, der vom "Rohmaterial Fleisch" redet, gewinnt die Arbeitsweise Claxton, der mit dem Herz dabei ist, der eine vertrauensvolle Beziehung zum Mensch vor der Kamera aufbauen will, noch größeren Wert.

Die Mischung aus Fotos, Jazz, erzählten Geschichten und inszenierten Spielszenen ist ein mehrfaches Vergnügen. Neben der scheinbar einfachen Aufgabe, die unleugbaren Qualitäten der einzelnen Komponenten auf die Leinwand zu bringen, gelang Benedikt vor allem ein wunderbares Zusammenspiel. Man könnte höchstens bemängeln, dass er die Fotos zu kurz im Bild lässt. Doch dagegen gibt es den wunderbaren, großformatigen Band mit dem gleichen Titel im Taschenverlag. Auch der Soundtrack ist schon eine Weile im Handel.

Nachdenklich machen die letzten Worte des mittlerweile reifen Herren Claxton: Eigentlich möchte er ohne Apparat, jeden Augenblick den Menschen vor sich aufnehmen: "With every blink of the eye I want to capture you!"


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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