Hundert und eine Nacht
Fr/GB 1994 (Les cent et une nuits) Regie Agnes Varda, 125 Min.
Von Günter H. Jekubzik
So viele Stars in einem Film erlebte das Movie (Kaiserplatz) wohl selten: Marcello Mastroianni, Robert De Niro, Harrison Ford, Catherine Deneuve, Jean-Pierre Leaud, Jean-Paul Belmondo treten leibhaftig in Agnes Vardas verzaubernder Komödie "Les cent et une nuits" (Hundert und eine Nacht) auf. Dazu zeigt sie über vierzig Schnipsel berühmter Filme, unzählige bekannte Melodien, Andeutungen und Details aus der reichen Filmgeschichte. Alles dreht sich um den fast hundertjährigen Simon Cinema, von Michel Piccoli mit wunderbarem Witz gespielt.
Unterstützt von der jungen Filmwissenschaftlerin Camille absolviert er in seinem großen Haus voller Erinnerungen ein "Gedächtnis-Aerobic". Der eitle Greis behauptet dabei immer wieder, bei jedem berühmten Film entweder Regisseur, Produzent oder Star gewesen zu sein. Passend zu den jeweiligen umschwärmten Meisterwerken ändern sich die detailreichen Hintergründe. Auch bei den vielen Besuchen, die Monsieur Cinema erhält, sind immer wieder neue Poster oder Requisiten zu entdecken. Mit Gerard Depardieu schwätzt und spielt er zum Beispiel mit dem Tod im Film, mit Mastroianni gibt es andauernd Streit um die besseren Rollen und die schöneren Partnerinnen. Sandrine Bonnaire taucht als die Bettlerin auf, die sie in Agnes Vardas "Vogelfrei" spielte, verwandelt sich mit der Magie Monsieur Cinemas in eine wunderschöne Prinzessin und galoppiert in der eisernen Rüstung ihrer Jeanne d'Arc-Rolle davon.
Alle tausendundeine Filmerinnerungen zauberte die 67-jährige Französin Varda mit spielerischem Spaß einer lockeren Handlung auf die Leinwand, mal den Stil Bunuels, mal den operettenhaften Filmgesang ihres verstorbenen Mannes Jacques Demy imitierend. In der Handlung versucht währenddessen Camilles ehrgeiziger Freund, den alten Monsieur Cinema auszunehmen. Ein falscher Erbe wird eingeschleust, ein Filmdreh inszeniert ...
Agnes Varda wurde in Belgien geboren und fotografierte, bevor sie 1954 vollkommen autodidaktisch ihren ersten Film drehte. Seitdem drehte sie viele Kurzfilme und Dokumentationen nahe am Herzen einfacher Menschen. Mit "Vogelfrei" und Sandrine Bonnaire hatte sie 1985 einen internationalen Erfolg. Das wunderbare Filmerlebnis "Hundert und eine Nacht" versprüht in jedem Moment eine große Liebe zum Kino und wird zusammen mit Truffauts "Eine amerikanische Nacht" sowie Vardas "Jacquot de Nantes" sicher oft im Film-Olymp als "französische Nacht" gezeigt werden.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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