Hotel Terminus

(Hotel Terminus) USA 1985-88, 267 Min.

Bundesdeutsche Fernsehanstalten unterstützten das Projekt nicht. Sie waren der Meinung, es handle sich um französische Geschichte. Trotzdem ist nach "Shoah" mit "Hotel Terminus" erneut ein aussergewöhnlicher Film gegen das Vergessen zu sehen. Marcel Ophuls, Sohn des Regisseurs Max Ophüls, beschreibt 267 Minuten lang "The Life and Times of Klaus Barbie". Der Untertitel verweist auf die Vielschichtigkeit seiner weltumspannenden Recherchen zum Thema Naziverbrechen und Judenverfolgung, während das "Hotel Terminus" für die Vernehmungsräume im besetzten Lyon steht, wo Barbie 1942- 44 als "Henker von Lyon" Kommandant der Gestapo war. Orphüls zerlegt das lineare Leben Barbies und springt zwischen Ländern, Zeiten und Personen hin und her ohne zu verwirren.

Der Film ist trotz seiner Zersplitterung ein kompaktes Gebilde geblieben. Die Notwendigkeit der sprunghaften Dokumentation erweist sich als zwingend zur sofortigen Wahrheitsfindung. Denn nur sie schafft eine direkte, aufdeckende Ver bindung zwischen Tätern, Opfern und Zeitzeugen. Gegen die unglaublichen Lügen, Verdrehungen und Verfälschungen entwickelt Ophüls eine besondere Methode: Zuerst zeigt er, wie es wirklich war und gibt Informationen zum Sachverhalt, dann stellt er den Gesprächspartnern Fragen. Die ZuschauerInnen werden so Zeugen einer Live-Verfälschung, während Ophüls weiter stochert, aus der Reserve lockt. Und dann passiert es - die Befragten verraten sich! Den Triumph zeigt Ophüls jedoch nicht im Gespräch, er gibt sich dabei fast ahnungslos, wißbegierig, egal was für Frechheiten ihm als Antworten untergejubelt werden. Sein Triumph ist der Film "Hotel Terminus", der Biß hat, mit Eindringlichkeit betrieben, konsequent moralisch im Sinne der Opfer und keine Sekunde zu lang ist. Die Mühlen der Gerechtigkeit mahlen langsam aber gerecht. Hut ab vor Marcel Ophüls, seiner Riesenarbeit und seinem Humor, der auf einem gesunden Fundament von Selbstbeherrschung fußt. "Hotel Terminus" besticht außerdem durch eine ausgesuchte Musikali sierung. So begleiten die Wiener Sängerknaben mit "Nun ade, du mein lieb Heimatland" Barbies Rückflug nach Lyon. Orphüls erklärte diese Auswahl mit dem gemeinsamen kulturellen Hintergrund. Ein Lob dafür, dem entgegen zu wirken, was der letzte Satz Barbies ausdrückt: "Ich habe vergessen."

(Wer immer das geschrieben hat, darf sich melden. Guter Text, wollte ich nicht wegschmeißen.)


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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