Güle Güle

Türkei 2000 (Güle Güle) Regie Zeki Ökten, ca. 95 Min.

In den letzten Jahren wurden türkische Kinohits immer wieder auch in Deutschland mit einer beachtlichen Anzahl von Filmkopien gezeigt: "Eskiya" oder "Propaganda" bringen als Originalversionen mit Untertiteln vertraute Klänge zu den vielen Türken in Deutschland, sie könnten allerdings auch die Monokultur amerikanischer Hits im deutschen Kino bereichern.

Sie "könnten", weil auch das türkische Kino von Hollywood infiltriert ist. Deshalb war der riesige Erfolg von "Güle Güle" in seinem Heimatland eine um so größere Überraschung. Denn mehr als 1.300.000 Zuschauer sahen nicht die übliche Komödie oder das bekannte Gangsterstück. Der Film überzeugt mit - vor allem für türkische Kinoverhältnisse - ernsteren Themen und zurückhaltendem Schauspiel. Seine stillen Helden sind bescheidene Rentner, genießen den Tag mit Raki und Cay in dem verschlafenen Touristennest, das Stück für Stück an die Städter aus Istanbul verscherbelt wird. Der stämmige Galip mit den sanften Augen träumt wie jedes Jahr davon, zu seiner ewigen Liebe Rosa nach Kuba zu fliegen. Nur reicht das Geld vorne und hinten nicht. Seit zwanzig Jahren geht deshalb sein täglicher Brief durch die Hände der verliebten Postchefin. Regelmäßig wie die Morgenwanderung von Galip und anderen alten Herren am Strand der Insel entlang. Zum Freundeskreis gehören der religiöse Autobastler Schemsi und der kleine, dicke Ismet, dessen sentimentale Ader bestimmt von einem Leben mit dem Kino herstammt. Der ehemalige Oberst Celal lebt mit Zarife zusammen und ist immer noch eifersüchtig auf den Romantiker Galip. Im Gespräch mit Celals Tochter verteidigt dieser seine Jahrzehnte lange Liebe in einer Zeit, in der viele kurzzeitige Liebhaber an der Tagesordnung sind.

Der Film braucht eine gemächliche Weile bis Galip plötzlich zusammenbricht und die melodramatische Tragik ihren zu Tränen rührenden Lauf nimmt. Die verzweifelte Geldsuche der alten Damen und Herren führt zu einem komischen Bankraub. Liebe und Freundschaft sind die Basis für eine nette Überdosis an Sehnsucht und Sentiment. Das ist Baklava für die Augen und das Herz - allerdings nicht nur in Zuckerwasser getränkt. Eine Spur Bitterkeit ist bei der sehenswerten Tragikomödie immer dabei.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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