ghj-logo

Gridlock'd - Voll drauf!

USA 1996 (Gridlock'd) Regie Vondie Curtis Hall, 91 Min.

Ihre Musik ist wie Alltagspoesie: Life is a Traffic Jam (Das Leben ist ein Stau). Sie bilden ein Trio auf der Bühne und im Leben: Der schwarze Bassist Spoon (Tupac - 2Pac - Shakur), der immer noch zum "Aufkochen" der Droge den Löffel (Spoon) nimmt, obwohl die modernen Aludeckel viel besser Hitze leiten. Die Sängerin Cookie (Thandie Newton), die von einem Plattenvertrag träumt und Stretch (Tim Roth), ein debiler weißer, gefährlich alberner Dopehead, der sich schon mal für einen "Nigger" hält, was die, die sich selber so nennen, gar nicht witzig finden.

Zusammen hängen sie auch am Jahresende in der gemeinsamen Wohnung, doch die Silvesterfeier geht schief, Cookie wird ohnmächtig, muß mit 'ner Überdosis ins Krankenhaus. Das ist im amerikanischen Gesundheitssystem schon ein übler Trip - die Szenen mit einer eisenharten, gehässigen Empfangsschwester, die erst seitenlange Formular ausfüllen läßt, sind bekannt. Die beiden Jungs haben jetzt genug: Der Trip wurde zur Gewohnheit, macht längst keinen Spaß mehr, sie wollen runter von der Droge. Dazu muß man allerdings erst rein in eines der staatlichen Entzugsprogramme. Wie viel leichter dies gesagt als getan ist, zeigt "Gridlock'd": Einen Tag lang kämpfen Spoon und Stretch in Detroit mit Bürokraten, Gesundheitsämtern, Formularen, Rassisten, einfachen Idioten und ihren eigenen schwierigen Charakterzügen. Sie hängen fest im Stau der Formalitäten, sind "gridlock'd". Nebenbei haben sie sich noch mit dem üblen Dealer D-Reper (Regisseur Hall selbst unter dem breiten Hutrand) angelegt, der auf der Suche nach viel verschwundenem Stoff gerne mal ein Blutbad anrichtet.

So gestaltet sich der Tag sehr abwechslungsreich, als seltsamer Trip mit absurden und mit sehr konkreten Begegnungen. "Gridlock'd" ist "smooth", er gleitet "cool" in seiner besonderen Stimmung weiter, springt nicht von Episode zur nächsten. Der Regieerstling vom einprägsamen Schauspieler Vondie Curtis Hall lebt vom locker-verlorenen Gestus seiner Hauptdarsteller Tim Roth und Tupac Shakur. Dieses Doppel-Pack mit seiner Naivität, den kleinen Tricks und Betrügereien und dem trägen Überlebenswillen ist den Film wert! Dazu - und das ist vielleicht das Überraschendste - kommt da mal ein politischer Film über den Teich. "Gridlock'd" hat viel Humor, doch die Tritte vor das Schienbein eines unmenschlichen Gesundheitssystems meint Vondie Curtis Hall sichtbar ernst.

Der Vierzigjährige wuchs in der Punkszene Detroits auf, studierte kurz Gesang, landete dann aber als Tänzer und Sänger am Broadway. Dort gab es erste Preise für sein Schauspiel und 1984 kam mit Coppolas "Cotton Club" der Film hinzu. Es folgten "Die Hard II", "Falling Down - Ein ganz normaler Tag", "Passion Fish" und letztlich die Rolle als "Prince" in "Romeo und Julia. Doch seit Hall 1986 Spike Lees "She's gotta have it" sah, wollte er Regie führen. Was ihm direkt mit seinem ersten Drehbuch "Gridlock'd" hervorragend gelang. Nebenbei schrieb er noch den Song "Life is a Traffic Jam". Die Originalmusik besorgte der Ex-Polizist Stewart Copeland eher unauffällig. Da ist schon die HipHop-Mischung des Soundtracks relevanter, auf der 2Pac selbst vertreten ist.

Was man eigentlich nicht erwähnen sollte, um den Film nicht über eine Leiche zu verkaufen, ist der Tod von Tupac Shakur. Der Gangsta-Rapper wurde zwar in New York geboren und zog erst später an die Westküste, die eigentliche Heimat des Gangsta-Rap. Doch seine Vita qualifiziert ihn zum Aushängeschild dieser seltsamen Erscheinung. Er machte die Gewalt und das lebensgefährliche Jungsein in den schwarzen Ghettos nicht allein zu Musik, er hing selbst voll drin. Dealte Drogen, schoß auf Polizisten, sah Freunde sterben, saß wegen sexueller Nötigung und trug ständig eine Waffe. Sein von Narben und Tattoos übersäter Körper zeugt in "Gridlock'd" von diesem Leben. Doch die kriminelle Authentizität hatte Erfolg, so viel Erfolg, daß ein Krieg zwischen den Gangsta-Rappern (und ihren Firmen) von Ost- und Westküste aufkam. Am 6. September 1996 wurde von mehreren Kugeln getroffen und starb eine Woche später.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

realisiert durch

Ein Service von

arena internet service

FILMtabs-Logo