ghj-logo

Gloomy Sunday

BRD/Ungarn 1999 (Gloomy Sunday) Regie und Buch Rolf Schübel, 112 Min.

Selten wurde ein Leitmotiv so intensiv eingesetzt und selten wäre der Verschreiber Leidmotiv passender gewesen: "Gloomy Sunday" ist - was der zweite Titel sagt: "Ein Lied von Liebe und Tod". Geschrieben vom Budapester Restaurant-Pianisten Andras Aradi für Ilona, die Freundin des Wirtes Laszló Szabó. Noch sind sie ein verliebtes Paar, der liebenswerte Laszlo (Joachim Król) und Ilona, die alle Gäste und Angestellte verzaubert. Doch mit dem Geburtstagsgeschenk des traurigen Liedes beginnt ein schmerzhaftes Dreiecksverhältnis, eine innige Freundschaft und mit dem Siegeszug von "Gloomy Sunday" auch eine weltweite Selbstmordserie. Mit der Platte in der Hand stürzen sich die Menschen vom Eiffelturm, mit dem Grammophon auf dem Beifahrersitz rasen sie in den Hudson. Und wie ein Hohn auf die Weltgeschichte ereignet sich dieser grausige Siegeszug parallel zum Feldzug Hitlers.

So wird das kleine, feine Restaurant mit den drei Freunden zum Mikrokosmos für schreckliche Historie. Noch locken das Lied und sein Komponist im besten Synergie-Effekt immer mehr Prominenz in das Restaurant. Aber die Wirkung von "Gloomy Sunday" läßt auch seine nächsten Geburtszeugen nicht aus. Das naive deutsche Bübchen Hans Wieck kehrt als "Herr Standartenführer" (Ben Becker) zurück und nimmt sich jetzt viel raus. Aber fast noch lieber als die Geschäfte mit dem Tod hätte er Ilona, für die er sich einst in den Fluß stürzte. Wieck verschachert Ausreisepapiere an todgeweihte Juden und sichert auf diese zynische Weise finanziell und Persilschein-mäßig seine Nachkriegskarriere ab. Dem weisen, ungemein sympathischen Wirt und Juden Laszló bleibt nach dem doppelten Ende des kleinen Glücks nur sein Anstand.

Die Erpressung jüdischer Besitztümer wird treffend exemplifiziert, auch wenn so eine Reduktion von Geschichte immer beklemmend wirkt. In Ungarn wurde der Massenmord an den Juden schließlich grausam "gründlich" vollzogen. In keinem anderen Land wurde ein so großer Anteil der jüdischen Bevölkerung umgebracht.

Doch das ist nur der - erfreulich sorgfältige - Hintergrund einer ergreifenden Liebesgeschichte nach dem Roman "Das Lied vom traurigen Sonntag" von Nick Barkow. Ausgezeichnet schöne Bilder und Menschen fing die Kamera von Edward Klosinski ein, der bereits mit Zanussi, Wajda, Kieslowski und Lars von Trier zusammenarbeitete. Joachim Król zeigt als geschäftstüchtiger Wirt mit großem Herzen, was alles ihn ihm steckt. Der Kölner scheint mit jeder größeren Rolle zu wachsen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo