Gangs of New York

USA 2002 (Gangs of New York) Regie Martin Scorsese Mit: Leonardo DiCaprio, Daniel Day-Lewis, Cameron Diaz 168 Min. FSK ab 16

Martin Scorsese historisches Epos "Gangs of New York" ist das Kinoereignis des Frühjahrs. Nachdem der heftig umkämpfte Schnitt die Fertigstellung ein Jahr verzögerte, startet das gewaltige Werk mit Daniel Day-Lewis und Leonardo DiCaprio jetzt in Europa. "Gangs of New York" wird wie eine Axt einschlagen in das Bild, das man bislang von New York hatte.

"Gangs of New York" zoomt von begrenzten Blick auf eine alte Geschichte der primitiven Triebe Rache und Revierkampf auf den großen historischen und politischen Rahmen New Yorks, in dem ein letztlich völlig bedeutungsloser Hahnenkampf stattfindet. In einer archaisch aufgezogenen Straßenschlacht zwischen irischen Einwanderern und selbst ernannten "Amerikanern", zwischen fremden Römisch-Katholischen und "guten Christen", erschlägt 1846 der Hordenführer Bill Cutting, der Schlächter (Daniel Day-Lewis) genannt, den irischen Gegner Priester Vallot (Liam Nesson). Dessen Sohn Amsterdam, der Zeuge des blutigen Schlachtens auf einem Platz mitten in New York wurde, kehrt nach 16 Jahren Erziehungsanstalt zurück, um sich zu rächen. Doch als vermeintlicher Einwanderer kommt Amsterdam (Leonardo DiCaprio) dem Mörder Bill ganz nah, wird sein engster Vertrauter und rettet ihm sogar das Leben. Aber die persönliche Rache misslingt, schwer verletzt beginnt Amsterdam seinen Kampf erneut, diesmal für seine irische Gemeinschaft und andere Unterdrückte in der gewalttätigen und korrupten Stadt New York.

Noch länger als auf den Film musste man auf einen Auftritt von Daniel Day-Lewis ("Mein linker Fuß", "Im Namen des Vaters") warten, doch es hat sich gelohnt: Sein Schlachter Bill ist eine charismatische Gestalt, brutal, gefährlich und so einnehmend, dass selbst Amsterdam ihm erliegt. Dagegen bleiben DiCaprio und Cameron Diaz als freche Taschendiebin sehr blass.

Der New Yorker Martin Scorsese ("Mean Streets", "New York, New York", "New York Stories") zeigt kaum filmische Kabinettstückchen, verlässt sich ganz auf seinen großen Coup, mit einer klassischen Story in die Tiefenschichten New Yorker und amerikanischer Geschichte zu locken. Es geht in eine der von Blut getränkten Bodenschichten, auf denen auch dieses Land gegründet ist. Deutlicher als jede Politik-Vorlesung zeigt Scorsese den Wandel von der manifeste Gewalt der Straße zu den Ordnungsstrukturen unserer westlichen Gesellschaften. Dass wir dabei erleben, welche üblen Typen den Übergang in den Machtpositionen überleben (Jim Broadbent als Bürgermeister!), gehört zu den erschreckenden Offenbarungen dieses ebenso klugen wie eindrucksvollen Werkes. Die Entwicklung unsere heutigen Politik, die an allen Stellen gefälschten Wahlen eines neuen Polizeichefs, gehören zu den durchaus komischen Episoden der 168 Minuten prallen Films. Die beiden Protagonisten Bill und Amsterdam sind am Ende überkommene Figuren, erkennen zu spät, dass ihre Zeit vorüber ist. Martin Scorsese erinnert jedoch auf beeindruckende Weise an diese Zeit, macht fühlbar, dass sie immer noch in den Adern dieser und anderer Städte fließt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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