Cinematographer's Day 2005 in Bangkok

Wer macht den Film? Diese an sich müßige Frage angesichts eines kollektiven Produktionsprozesses führt immer wieder zu reizvollen Akzentuierungen einzelner Berufsgruppen, die ihren Anteil am Film vernachlässigt sehen. Offensichtlich und oft übersehen dabei die Arbeit der Kameraleute. "Cinematographer's Day" und die persönliche Begeisterung seiner Initiatoren brachten Januar 2005 bemerkenswerte Kamerakünstler für zwei Tage in Bangkok zusammen.

"Es ist an der Zeit, den Kameramann als Film-Autoren sowie als Künstler mit Kenntnis und Gespür für die Technik anzuerkennen." Man "feiert Kameraarbeit" auf der Website von "Cinematographer's Day" (www.cinematographersday.com) und ein Fest der Kameraleute sollte es auch wieder in Bangkok werden: Dem Mexikaner Rodrigo Prieto, hinter der Kamera u.a. bei "Frida", "Amores Perros", "21 Gramm", "8 Mile" und zuletzt "Alexander", widmete man den gesamten ersten Tag. Prieto erhielt vom Internationalen Film Festival Bangkoks 2005 den "Crystal Lens Award". Der 1965 in Mexiko-Stadt geborene Bild-Künstler, dreht bereits mit zehn Jahren seinen ersten Film, arbeitete dann als Fotograf, bevor er zur Filmschule gibt. Mittlerweile hat er 19 Spielfilme "fotografiert", beendete gerade den Dreh zu Ang Lee's "Brokeback Mountain" und wirkt bei allen Lobeshymnen wie ein verlegener Latino-Junge. Schwer vorzustellen, wie Prieto die reduzierte Regieanweisung Oliver Stones umsetzte: "Mach es groß!"

Der "Cinematographer's Day" wurde 1999 in Palm Springs nach einer Idee von Luciano Tovoli erstmals veranstaltet. 2004 wechselte die Veranstaltung zum runderneuerten Bangkok-Festival. Sie will Kameraleute zusammenbringen, bei Seminaren und Retrospektiven ihre Arbeit ins Rampenlicht stellen. Filmenthusiast David B. Kaminsky und Kameramann Frederic Goodich organisierten die Veranstaltung in Bangkok.

Kaminsky, eine schillernde Persönlichkeit, lebt seine Filmbegeisterung als Hobby aus. So unterstützte er einige Jahre das Festival von Palm Springs, hält auch als Festival-Scout nach italienischen und portugiesischen Filmen Ausschau. Dabei ist Dr. Kaminsky im Hauptberuf als Arzt mit Krebsdiagnosen beschäftigt. Eine emotional aufreibende Tätigkeit, so erzählt er, zu der er einen Ausgleich in der Kunst sucht. Auf einer medizinischen Tagung traf er 1987 Ettore Scola und kam erstmals in Kontakt im der Filmwelt. Mittlerweile brachte ihm der Einsatz für den italienischen Film den Titel des Ehrenritters der italienischen Republik ein.

2005 nun brachte er Rodrigo Prieto, den letztjährigen Empfänger des "Crystal Lens Award", Christopher Doyle ("In the mood for love", "2046"), die Franzosen Eric Gautier ("The Motorcycle Diaries", "Clean") und Robert Fraisse ("Sieben Jahre in Tibet", "Vatel", "Ronin", "Hotel Ruanda") sowie die italienische Kamera-Legende Dante Spinotti ("LA Confidential", "The Insider") in Bangkok zusammen. Das enorme Wissen, der Stil- und Erfahrungsreichtum des Podiums brachten über zwei Tage nicht viel an Informationen. Wie oft bei großen Ideen und viel Enthusiasmus fehlte die ordnende Hand. Wer Christopher Doyle die Kamera überlässt wird großartige Bilder erhalten, wer ihm eine Bühne gibt, erntet Chaos oder eine wilde Party.

Besonders das Thema des zweiten Tages "Making Love to the Lense" geriet zum unterhaltsamen Anektdoten- und Zoten-Aufzählen: "Ich dachte, es geht um das Sexleben von Kameramännern" (Doyle). Bemerkenswert dabei jedoch ein neues Selbstbewusstsein der DOP (Director of Photography): Sie nehmen selbst die Kamera in die Hand, überlassen das nicht ihren Assistenten, wie es die us-amerikanischen Gewerkschaften eigentlich verlangen. Den willkommenen Einspruch eines Kamera-Assis nahm Doyle gerne auf: "Komm mit nach Hollywood, wir drehen einen großen Film, du wirst gut bezahlt, liest den ganzen Tag Zeitung, während ich den Film mache!"

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Ansonsten die bekannten Erkenntnisse, dass es erotisch wird, wenn der Kameramann entweder ganz dicht ran geht ("8 Mile") oder Distanz hält ("Der Liebhaber"). Christopher Doyle weiß mittlerweile, dass nicht nur Produzenten mit Stars ins Bett gehen können und Dante Spinotti - ganz Italiener - liebt die Frau vor der Linse mit der Kamera. Das amüsierte ein überfülltes Forum nur eine Weile.
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Wirklich neu waren die filmischen Bilder David Hockneys. In der Dokumentation "Secret Knowledge" (www.koopfilms.com/hockney/) arbeitete der berühmte Maler sehr kreativ mit der digitalen Kamera. Hockney verficht die These, dass alte Meister reichlich Techniken wie Linsen nutzten. Wie er diese Methoden im Film- und Maler-Studio nacharbeitete, macht die Spanne zwischen alten und neuen Techniken reizvoll sichtbar und führt wieder zur Ausgangsfrage, wer denn da jetzt mit der Kamera malt ...

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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