Berlinale 2004

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 54. internationalen Filmfestspiele in Berlin
5. - 15. Februar 2004

Preisträger „unterwegs"

Jan Krüger genießt Berlin mit Hauptpreis im Koffer

Berlin. Einige der historischen Filme in der Retrospektive haben schon Oscars gewonnen, einige der Darsteller im Wettbewerb sind reichlich ausgezeichnet, aber unter den aktuellen Filmen dieser Berlinale haben bislang nur wenige Preise gewonnen.

In der sehr dynamischen und erfolgreichen Reihe „Perspektiven" mit jungen deutschen Filmen gibt es gleich zwei frisch prämierte Beiträge: „Maxmäuschenstill", die bittere Satire von Marcus Mittermeier über einen privaten Ordnunghüter, der wie einst Kohlhaas extrem über die Stränge schlägt, gewann im Januar den Max Ophüls-Preis von Saarbrücken. Und „Unterwegs" die Geschichte des 1973 in Aachen geborenen Jan Krüger, heimste beim Internationalen Filmfestival Rotterdam einen der drei Hauptpreise, der begehrten Tiger Awards ein.

Günter H. Jekubzik traf den überglücklichen Preisträger zum Interview in der Bar des Berlinale-Festivalcenters. „Mehr als unterhalten" will Jan Krüger und vor allem persönliche Geschichten erzählen. Dabei geht es ihm vor allem um Zwischenmenschliches, darum im Film eigene Haltungen zu zeigen. Dabei sieht sich der Regisseur „nicht als Filmzauberer". Er glaubt, dass er noch viel lernen kann und berichtet von Unsicherheit während der Entwicklung und dem Dreh. Deshalb sei der neuerliche Preis so großartige, eine Bestätigung nach Jahren der Arbeit.

Schon sein 21-minütiger Kurzspielfilm "Freunde / The Whiz Kids", das Porträt einer ungewöhnlichen Jungenfreundschaft während eines Sommers, erhielt den "Silbernen Löwe" für den Besten Kurzfilm bei den 58. Internationalen Filmfestspielen in Venedig. „Freunde" war auch sein Abschlussfilm an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Danach arbeitete er zwei Jahre an der Entwicklung von „Unterwegs", der erst im Januar kurz vor Rotterdam fertig wurde.

„Unterwegs", eine ZDF-Produktion für Das Kleine Fernsehspiel, dreht sich um eine Hauptfigur, die ohne erklärten Plan einer leisen, unausgesprochenen Sehnsucht folgt; ihren Freund, der diesen Weg mitgeht und am Ende allein nach Hause zurückkehrt. Und um einen junger Mann, der all das auslöst, ohne jemals wirklich selber greifbar zu sein. „Unterwegs" erlebte gestern abend seine Deutschland-Premiere bei der Berlinale.

War denn das Studium der Elektotechnik an der RWTH in Aachen vertane Zeit? Das sieht Jan Krüger nicht so negativ - wie man sich überhaupt schwer vorstellen kann, das der gutgelaunte, auf Anhieb sympathische Jung-Filmer etwas negativ sehen kann. Er hat beim Studium in Aachen ja schon bald Soziologie und Politik dazu genommen. Und manchmal während der Vorbeitung und der Drehs mit dem Filmteam hat er das Gefühl, man müsse die Leute wie bei einer wissenschaftlichen Formel richtig zusammenbringen, um ein gutes Ergebnis zu bekommen.

Ein neues Projekt hat er schon in Arbeit, einen französischen Roman, mit einem „Kern, den ich gerne auf der Leinwand sehen will." Doch bis es dafür neue Preise geben wird, werden ein bis zwei Jahre vergehen. Eine Durststrecke, die er wie viele Nachwuchsregisseure auch finanziell überbrücken muss. Krüger macht das schon seit Jahren mit Wissenschaftsjournalismus für die WDR-Sendung „Quarks". Doch dann wird es ihn wahrscheinlich wieder überraschen, wie gut die Leute seine Filme finden.