Berlinale 2004

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 54. internationalen Filmfestspiele in Berlin
5. - 15. Februar 2004

"Cold Mountain" lässt kalt

Amerikanisches Kriegs-Melodram eröffnet heute die 54.Berlinale

Berlin. Das Kino der Stars und der großen Emotionen eröffnet heute Abend die 54. Internationalen Filmfestspiele Berlins (5.-15.2.). Mit "Cold Mountain" sowie seinen Stars Jude Law und Nicole Kidman konnte Festivaldirektor Dieter Kosslick ganz heiße Oscarfavoriten für den ersten Roten Teppich am Potsdamer Platz gewinnen.

Eigentlich schade, dass sich Berlin dieser Tage nicht schneebedeckt präsentiert. Es hätte so schön gepasst zum Winterdekor von "Cold Mountain", in dem ein junger Zimmermann (Jude Law) vom Winde des Amerikanischen Bürgerkriegs verweht wird und sich als Deserteur nach Hause durchschlägt. Inman flieht aus dem Militärhospital, um nicht mehr in einem verlorenen Krieg verheizt zu werden, aber vor allem, um Ada (Nicole Kidman) in Cold Mountain wieder zu sehen. Die Tochter eines Priesters, mit der er wenige Worte, intensive Blicke und einen langen Kuss wechselte.

Vom grauen Grauen der Massaker, vom Krieg im Schlamm und Blut, vom sehr nah gefilmten Nahkampf geht es zurück ins winterliche North Carolina. Dort terrorisiert die "Home Guard" Witwen, Deserteure und jeden, der noch eine Farm verlieren könnte. Die wohl gebildete aber schrecklich ungeschickte Ada kämpft auf ihrer Farm ums Überleben, erst das Auftauchen des ruppigen Südstaaten-Originals Ruby Thewes (Renée Zellweger) rettet den Hof und bringt etwas Humor in das Kriegs-Melodram. Sehnsuchtvolle Rückblenden anhand von Briefen und Fotos heizen die Emotionen während der langen Odyssee an; wenn Jude Law allerdings mit weißer Taube in den Händen dasteht, ist der Kitsch nicht mehr fern.

Regisseur Anthony Minghella hätte "Cold Mountain" in Anlehnung an seinen größten Erfolg auch "Der amerikanische Patient" nennen können. Sehr kalkuliert kommt der stark schwarz-weiß gezeichnete Schrecken eines grausamen Winters daher. Man spürt die Berechnung, etwa wenn die Bösewichter immer auf Abruf bereitstehen. Was beim "Patienten" exotisch erschauerte, einzigartig faszinierte, wirkt hier gewöhnlich.

Damit kann ab heute das ewige Meckern um zu viel oder zu wenig amerikanische Filme ebenso losgehen wie die tägliche Wasserstandsmeldung über die An- und Abwesenheit von Stars bei der Berlinale. Man kann sich Gedanken machen, was die amerikanischen Filme vermehrt in der Western-Vergangenheit suchen. Allerdings ist "Cold Mountain" eine britische Produktion, die in Rumänien gedreht wurde. Was bei allen schnellen (Vor-) Urteilen zur Berlinale oft vergessen wird, ist die Entdeckungsreise bei jedem einzelnen neuen Film. Denn um den Film geht es nebenbei auch und in Berlin werden auch neben dem Wettbewerb wieder einige Hundert zu entdecken sein, bevor man ein irgendein Urteil fällen kann.