Berlinale 2003

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 53. internationalenFilmfestspiele in Berlin
6. - 16. Februar 2003

Good Bye, DDR

Wolfgang Beckers Ostalgie im Wettbewerb


Berlin. Zur besten Sonntagabendzeit startete gestern der erste von drei
deutschen Beiträgen im Berlinale-Wettbewerb. Mit dem "Shooting Star"
Daniel Brühl in der Hauptrolle zeigt "Good Bye, Lenin" tragikomisch
einen verzögerten Abschied von der DDR.

Ihr Mann Republikflucht beging und dann der Sohn Alex bei einer
Montagsdemonstration brutal zusammengeschlagen wird, fällt die gute
DDR-Bürgerin Frau Kerner in ein Koma. Acht Monate später wachtsie auf,
darf sich aber auf keinen Fall aufregen, weshalb ihr die Kinder die
nicht geringen Umwälzungen der Wende verheimlichen. Ab jetzt ist es
erstmal spaßig, mitzuerleben, wie Alex verzweifelt Spreewald-Gurken
sucht und aufgrund des totalen Siegeszuges der Westmarken reihenweise
Gläser und Verpackungen umfüllt. Denn Mama liegt zuhause in einem
aufwändig restaurierten Zimmer mit Ostblick, sieht aufgezeichnete
Sendungen der Aktuellen Kamera ("das war doch sowieso immer das
Gleiche") und bekommt zunehmend Besuch von Ostalgikern aus der
Plattensiedlung. Doch die Farce der Ost-Fassade wird zunehmend bitter,
die Notlüge gerät zur Obsession ...

Vor allem Daniel Brühl als Alex und die ihm in den Mund gelegten
spöttischen Kommentare zum real existierenden Sozialismus und zur
Invasion des Kapitalismus machen "Good Bye, Lenin" zum Spaß mit
Tiefgang. Die Inszenierung von Wolfgang Becker ("Das Leben ist eine
Baustelle") schwächelt jedoch. Brühl wurde vor dem Film als einerder
europäischen "Shooting Stars" vorgestellt, ein dynamischer Reigen
bemerkenswerter junger Schauspieler, in die sich der "deutsche Leo"
nach "Das weiße Rauschen" und anderen Glanzleistungen gut einreihen
kann. Diese - jährlich zur Berlinale - stattfindende Ehrung freut Brühl
besonders, weil er halb Spanier ist und gerne in auch in Spanien
arbeiten möchte. Es werden ihm sicher noch anderen Türen offenstehen.