Für immer und immer

BRD 1996, Regie Hark Bohm

Mit Adoptionen kennt Hark Bohm sich ebenso aus wie mit dem Metier des Filmemachens. Da erstaunt es eigentlich, daß erst der Fall von Bohms Nachbarn Anlaß zu diesem Film geben mußte. Ihnen wurde nach mehreren Jahren ein Pflegekind weggenommen.

"Für immer und immer" beginnt ebenso haarsträubend wie er enden wird: Die gutaussehende, wohlhabende, junge Mutter Melanie bringt ihr Neugeborenes um. Das Schreien war zuviel, zudem wandte sich der Vater und Ehemann André scheinbar anderen Frauen zu. Die Tötung fällt niemandem auf, aber mehr Zuneigung gibt es vom kinderlieben André immer noch nicht. Da erinnert sich Melanie an ihre erste Tochter Marie, die damals zur Adoption freigegeben wurde. Aus dem ersten Besuch bei Maries Pflegeeltern entwickelt sich eine Psychoschlacht um das Kind, die Melanie mit viel Zeit und Geld auch zu gewinnen scheint. Susanne und Tobias, die Pflegeeltern mit zwei weiteren Kindern, müssen verzweifelt nachgeben. Die vormals quicklebendige Marie verstummt und versucht sogar sich umzubringen. Da kann nur noch ein schlagkräftiges Finale aufräumen ...

Hark Bohm, der meint, man müsse mit Qualität, die sich am US-Maßstab mißt, seine eigenen Geschichten erzählen, nahm sich eines schwierigen Themas an. Es ist nicht rechtlich und gleichzeitig gerecht zu klären, zu wem ein Kind gehört: Zu den Erzeugern oder zu vielleicht sorgsameren Pflegeeltern, die der Staat einsetzt. Der Adoptivvater Bohm reißt das Problem an, ohne es bis in die hintersten Instanzen zu dokumentieren. (Seine Rolle als unsicherer, ungeschickter Jugendrichter bildet den Schlußpunkt dieser Instanzen.) Dafür fesselt der erfahrene Regisseur mit ungewöhnlich spannender Dramaturgie und Figuren, die nicht zu 100 Prozent realistisch aber sehr eindringlich sind. (Heinz Hoenig nutzt als Pflegevater Tobias die Chance eine guten gewaltlosen Rolle.) Damit handelte Bohm sich den Vorwurf der "amerikanischen Oberflächlichkeit" ein, der aber kurzsichtig und engstirnig ist. Auch deutsche Filme dürfen spannend sein, ohne daß durch jedes Perforationsloch korrekte Pädagogik quillt!

Besonders auffällig ist vor allem die Rolle der Maria, gespielt und mitentwickelt von Bohms Adoptivtochter Lili: Sie schafft schließlich die Entscheidung aus eigener Kraft und selten legte ein Film so viel Vertrauen in ein Kind hinein. Lilis Charakter im Zentrum der Geschichte macht "Für immer und immer" so glaubwürdig und gleichzeitig fesselnd.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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