Frontline - Zwischen den Fronten

Titanic Town

Irland/GB 1998. Produktion: Arts Council Of Northern Ireland's Lottery Fund, BBC, British Screen, Company Pictures, Hollywood Partners, Pandora Cinema. Produzenten: George Faber, Charles Patterson. Regie: Roger Michell. Buch: Mary Costello (Roman), Anne Devlin. Kamera: John Daly. Musik: Trevor Jones. Schnitt: Kate Evans. Darsteller: Julie Walters (Bernie McPhelimy), Ciarán Hinds (Aidan McPhelimy), Nuala O'Neill (Annie McPhelimy), James Loughran (Thomas McPhelimy), Barry Loughran (Brendan McPhelimy), Elizabeth Donaghy (Sinead McPhelimy), Ciarán McMenamin (Dino/Owen), Jaz Pollock, Caolan Byrne, Aingeal Grehan, Oliver Ford Davies, Nicholas Woodeson, Des McAleer, B.J. Hogg, Doreen Hepburn. 98 Min. FSK: 12. Verleih: VCL.

Belfast im Jahre 1972: Während die Bewohner eines frisch bezogenen Reihenhauses mit Freunden am Abend "Danny Boy" anstimmen, tummeln sich in den Blumenbeeten getarnte britische Besatzungssoldaten. Das Viertel mit dem Namen Titanic Town (hier waren die Werften der Titanic) ist (Bürger-) Kriegsgebiet. Was Mutter Bernie McPhelimy (Julie Walters) nicht davon abhält, den nächtlichen Kämpfern sofort ihre Meinung zu sagen. Es ist der Beginn einer erstaunlichen politischen Karriere: Die resolute Bernie tritt mit Schürze und Lockenwicklern gegen das scheinbar Unabänderliche der großen Politik an. Die kämpferische Mutter will ein sicheres Leben für ihre Kinder, fordert, dass am Tag nicht geschossen wird, und gerät damit zur Volksheldin, die mit Parteien und Untergrundorganisationen konferiert. Die Rebellion des gesunden Menschenverstandes einer einfachen Hausfrau geht so weit, dass Bernie die IRA öffentlich herausfordert.

Als Wechsel zwischen komödiantischen Blicken auf Bernies Naivität und dem Schrecken von brutalen Anschlägen erzählt Roger Michell ("The Buddha of Suburbia", "Jane Austens Verführung", "Notting Hill", "Changing Lanes") seinen gut inszenierten Film, der unverdient erst mit sehr viel Verspätung nach Deutschland kommt. Der Alltag, in dem der Tod immer wieder plötzlich zuschlägt, und die Bürgerkriegs-Routine laufen absurd nebeneinander her. Bernies Tochter Annie, aus deren Perspektive der Film mit Off-Kommentaren nach einem autobiografischen Roman von Mary Costello erzählt, erlebt ihre erste Liebe und beklagt nicht den allgegenwärtigen Bürgerkrieg, sondern die politisch engagierte Mutter. Selbst der kränkelnde Aidan McPhelimy traut seiner Frau Bernie nicht viel zu und die naive Friedenskämpferin hängt zudem zwischen den Fronten der Nachbarn, die ihr Kollaboration mit der jeweils falschen Seite vorwerfen.

Neben einigen sehr starken Szenen baut "Frontline" vor allem auf das Spiel von Julia Waters als Bernie. Diese bleibt eine spannende Gestalt, verblüffend mit ihrer Offenheit und Menschlichkeit, irritierend nahe an der Lächerlichkeit mit einer simplen Weltsicht. Bei der Schilderung der gewalttätigen Auseinandersetzungen in der so genannten Provinz Ulster während der 70er Jahre ist Michells Film nicht so genau wie andere Filme, doch in der Schilderung einer gewissen Absurdität wohl recht treffend.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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