Fantasia 2000

USA 2000 (Fantasia 2000) Regie J. Algar, G. Brizzi, ca. 70 Min.

"Fantasia" war seit seiner Schöpfung im Jahre 1940 ein einzigartiges Meisterwerk der Filmgeschichte: Die Kombination aus klassischer Musik und avanciertem Zeichentrick gehört mit zum Besten, was aus dem Haus Disney gekommen ist. Noch unter der Aufsicht von Gründer Walt Disney war die Zusammenstellung von abstrakten, erzählerischen und atmosphärischen Episoden mutiger als alles was danach aus dem Hause Disney kam. Die Neuauflage "Fantasia 2000" wurde zuerst in den seltenen IMAX-Kinos herausgebracht. Jetzt startet sie als Erinnerung und Fortsetzung in den deutschen Kinos.

Das Negative zuerst: Das filmische Vergnügen wird heftigst von verschiedenen, äußerst unnötigen Erzählern gestört. Dann fliegen Fetzen des alten Fantasia durch den Konzertsaal. Aber es werden auch ganze Teile aus ihm gezeigt, etwa der Zauberlehrling - als Zitat erkennbar im kleineren Bildformat. "Fantasia 2000" beginnt richtig mit Beethovens 9. Symphonie als abstrakter Sieg des Lichts über die Finsternis - wie passend für das Kino!

Auch in Zeiten von Videoclips, die klassische Musik oft nur noch gesampelt oder als Begleiterscheinung von Werbung vermitteln, bleibt die Visualisierung von Musik im Trickfilm eine reizvolle Aufgabe. Ottorino Respighis "Pini di Roma" als (digitaler) Traum fliegender Pottwale ist ein eindrucksvolles Beispiel, auch wenn die anrührende Familiengeschichte des kleinen Walfischs sehr typisch Disney ist. Der wahrlich fantastische Tanz in den Wolken, mitreißende Lichterfluten, sowie rasante Klavier- und Wasserläufe werden abgelöst von Gershwins "Rhapsody in Blue". Die ganz anderen, skizzenhaften Zeichnungen ergeben tolle Charakterskizzen vom depressiven New Yorker Arbeits(losen)leben "in monochrom". Sie sind inspiriert von der Arbeit des Karikaturisten Al Hirschfeld. Selbstverständlich darf weder hier noch bei Hans Christian Andersens digitalem Zinnsoldaten (zu Schostakowitschs 2. Klavierkonzert) das Happy End fehlen.

Für Humor ist gesorgt in Camille Saint-Saens' "Karneval der Tiere", das die Verstrickungen zeigt, die sich unweigerlich ergeben, wenn man Flamingos mit einem Jojo zusammenbringt. Bei Edward Elgars pathetischer Britenhymne "Pomp and Circumstance" ist dann Donald Duck als unglücklich verliebter Maat der Arche Noah ein Garant für viel Spaß. Igor Strawinskys "Der Feuervogel" mit einer mythischen Geschichte von Leben und Tod in japanisch anmutender Animation schließt den recht kurzen Bilderreigen mit gewaltigen Visionen, einem Ausbruch von Farbe und Bewegung ab.

Die 2000er-Ausgabe von Fantasia reicht vielleicht nicht an das Original heran, ist aber auf jeden Fall ein ganz außerordentliches Kinoerlebnis. Für Groß eher als für Groß und Klein.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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