Das fliegende Klassenzimmer

BRD 2002 Regie: Tomy Wigand Mit: Hauke Diekamp, Ulrich Noethen, Sebastian Koch, Piet Klocke, Anja Kling, Teresa Vilsmaier 110 Min.

Erich Kästner ist nicht nur ein Klassiker der Kinderliteratur. Auch die Verfilmungen seiner Geschichten erweisen sich als zeitlos sichere Kinohits. Vielleicht dankt er so dem Film, dass er sich zum Ende des "1000-jährigen Reiches" mit vorgetäuschten Dreharbeiten und leeren Filmkassetten dem Kriegseinsatz entziehen konnte. Nach "Pünktchen und Anton" sowie "Emil und die Detektive" ist jetzt "Das fliegende Klassenzimmer" wieder an der Reihe. Jonathan (Hauke Diekamp) muss sich als Neuling im Internat des berühmten Thomaner-Chores zurechtfinden. Dabei sind nicht nur die Familien-Probleme der meist einsamen Jungs und die Kämpfe mit einer feindlichen Clique zu bewältigen, auch eine alte Geschichte wird ins Reine gebracht.

Ganz schön mutig haben Henriette Piper und Hermine Kunka das Drehbuch nach der Vorlage von Erich Kästner modernisiert: Sie fügten den Leipziger Thomaner-Chor und eine Menge ostdeutschen Hintergrund dazu. So kann sich die 2003-er Variante neben den Verfilmungen von 1954 und 1973 sehen lassen, auch wenn die jungen Schauspieler durchgehend Leinwandpräsenz vermissen lassen. Typisch für die Kästner-Neuverfilmungen sind auch hier recht brave, altkluge Kinder, die einen Möchtegern-Jugendslang nicht besonders glaubwürdig imitieren. Kästners Wortwitz geht dabei unter, der Spaß bei einer Kissenschlacht bleibt abgedroschen. Unangenehm wirkt die Akzentsetzung im Klassen-Kampf der reichen "internen" mit den unterprivilegierten "externen" Internatsschülern: Letztere können selbst den "Mühl", in dem sie hausen nicht richtig schreiben.

Gelungen ist die Erwachsenen-Geschichte der alten Freundschaft zwischen Justus und Robert, welche (in dieser Version) durch die Mauer getrennt wurde. Auch ansonsten können sich die Erwachsenen sehen lassen: Ulrich Noethen darf als Kinderfreund Justus Abschied von seinen albernen Rollen in "Sams" und "Bibi Blocksberg" nehmen. Komiker Piet Klocke gibt mit seinem ureigen verzögertem Sprachduktus den Schuldirektor Kreuzkamm und fährt damit die meisten Lacher ein, in dem Kinderfilm, der ausgerechnet bei seinen jungen Identifikationsfiguren Schwächen zeigt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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