Extrem
USA 1996 (Extreme Measures) Regie Michael Apted, ca. 120 Min.
Von Günter H. Jekubzik
Eine Frau sitzt im Rollstuhl zwischen zwei Ärzten, es geht um Leben und Tod. Der eine verspricht Heilung, der andere fürchtet um sein und andere Leben. Michael Apted will nicht nur unterhalten mit seinen Filmen wie "Gorillas im Nebel", "Halbblut", "Blink", "Moving the Mountain" oder "Nell". Immer drängen sich bei Apted auch sehr spannende Fragen auf. Diesmal geht es um den menschlichen Einsatz, den Wissenschaftler bei ihren Forschungen zum Wohle der Menschheit fordern können. Und es geht um den Wert eines Menschen - unabhängig von Stand und Hautfarbe.
Dr. Guy Luthan ist ein traumhafter, junger Arzt: Offen und freundlich geht der Engländer in New York mit all den verletzten und kranken Amis um. Er hört Reggae, ißt in den "ausländischen" Restaurants. Im größten Streß - ganz wie in der TV-Serie "ER" - spricht er mit den Schwerverletzten, stellt die richtigen Diagnosen, erteilt die besten Anweisungen. Energisch und gleichzeitig sehr persönlich bewältigt er die Hektik der Notaufnahme. Allein als für die beiden Opfer einer Schießerei nur ein Operationssaal zur Verfügung steht, zögert er: Welcher der gleichermaßen akuten Fälle hat Vorrang? Der vermeintliche Fixer weißer Hautfarbe, der wohl die Schießerei begann? Oder der schwarze Polizist, dessen Frau und Freunde vor der Tür bangen? Guys Entscheidung für den Polizisten hat keine Folgen - zunächst. Beide Menschen überleben, nur eine Schwester stellt die Wahl in Frage.
Dieses moralische Dilemma wird Guy allerdings in allen seinen Facetten immer wieder begegnen - mit positiven wie negativen Folgen. Als er einem mysteriösen Todesfall und dem noch seltsameren Verschwinden der Leiche nachforscht, setzt die bekannte Routine des Verschleierns ein: Drohungen, Einschüchterungen und schließlich wird Guy sogar als Drogensüchtiger aus seinem Krankenhaus geworfen. Die Hintergründe dieser Machenschaften erfährt der verzweifelte Arzt erst, als er um sein Leben als Mediziner kämpft und seine elitäre Schicht der Weißkittel verläßt. Parallel erfahren wir immer mehr über den älteren, gefeierten Neurologen Lawrence Myrick (Gene Hackman): Seine angesehene Forschergestalt steht hinter Experimenten, die für seine menschlichen Versuchskaninchen extrem grausam sind.
Komplex und fein sind die wesentlichen Fragen in die Thriller eingewebt. Akten verschwinden ebenso leicht wie Leichen - die Anzeichen für Mißbrauch stecken überall im "System". Guy durchlebt die verschiedenen Positionen am eigenen Körper, wird zum Ausgestoßenen, zum Querschnittsgelähmten. Doch auch die Schurken und Jäger tragen schwere Skrupel und eine große Last mit sich. Familienväter morden nicht nur weil es das Drehbuch will - ein grausamer Leidensdruck treibt sie dazu. Trotz schwerwiegender Fragen ist "Extrem" kein Film im "Coma". Die OP-Szenen sind rasant und drastisch. Die Musik Danny Elfmans kann zwar Spannung erzeugen, aber weshalb oft etwas Gespenstisches anklingt, bleibt fraglich.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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