Es lebe unsere DDR

BRD 1994, R+B: Thomas Hausner, 87 Min.

Nach "Kinder, Kader, Kommandeure" macht sich wieder jemand einen lehrreichen Spaß mit dem Material der DDR-Wochenschau "Der Augenzeuge". Das Motto der unkommentierten Ausschnitte aus vier Jahrzehnten Bild-Geschichte stammt aus der Zeit als die DDR noch nicht wußte, daß sie eigentlich schon immer "Ex" gewesen sein wird: "Sie sehen selbst, Sie hören selbst, urteilen Sie selbst."

Thomas Hausner betont in seiner kompromittierenden Kompilation die dicksten selbstproduzierten Scherze des Sozialismus. Wie den Lipsi, ein von der Partei geplanter Populärtanz als Antwort auf Twist und andere westliche Irrungen.

Lehrfilme mit Berliner Schnauze erzählen Zeitgeschichte vom Punkte-Sammeln für die neueste Mode im Schottenkaro: "Und was man sah, kann man auch kaufen!" Die Bilder voller Regale, die Töne voller Fortschrittsglauben: HO-Läden sind "freie Läden". Da steht ehrliche Arbeit und Mangel, gegen Prostitution, Genuß und Währungsreform. Fortschrittsmoneten und Marshallplaneten wurden aus Anlaß der einseitigen Währungsreform des Westens satirisch gegen den Sektorenkies aufgerechnet. Eine dicke Fehlrechnung "überführt" die amerikanische Luftbrücke der Ausplünderung Berlins. Der humoristische Höhepunkt war der Autotest eines neuen Trabi-Modells mit modernem Vierspeichen-Lenkrad. Das Ganze wirkt tatsächlich wie eine Revue - und die Show geht weiter, was ein abschließender Auftritt Helmut Kohls klarmachte.Leider kommt die Propaganda zum Teil so daher, daß ohne Wissen um die Real- oder West-Sicht der Aberwitz verloren geht. Der Spaß zum Lachen und Grausen zeigt viel - aber in seiner Ballung demagogischen Schwachsinns auch viel zu wenig vom wirklichen DDR-Leben. "Es lebe unsere DDR" hat Bestand, wenn diese Kompilation nicht zu viele Ansprüche erfüllen muß, sie darf nicht das einzige DDR-Bild bleiben, genauere sollten sie begleiten.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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