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Der Duft der Frauen

USA 1992 (Scent of a woman) Regie Martin Brest, 157 Min.

Von Günter H. Jekubzik

Daß "Der Duft der Frauen" ein Al Pacino-Film ist, liegt auch an der Eigenschaft seines Regisseurs, große Schauspieler attraktiv in Szene zu setzen. Martin Brest gelang dies bisher mit Eddie Murphy in "Beverly Hills Cop" sowie bei "Midnight Run" mit Robert De Niro und Charles Grodin.

In der Hollywood-typischen Story schlüpft Pacino in die rauhe, zernarbte Haut des erblindeten Ex-Militärs Frank Slade. Am amerikanischen Erntedank-Wochenende spielt das Milchgesicht Charlie Simms Babysitter für den zynischen, alten Mann, der pausenlos säuft, ohne betrunken zu sein und in Rekordzeit jeden Mitmenschen brüskiert oder schockiert. Doch das gemeinsame Wochenende in New York legt auch andere Seiten Slades offen. Seine Lebenslust, sein Charme gegenüber Frauen - deren Parfümsorte er treffsicher riecht, daher der Titel - und seine Fähigkeit, Zivilisten mit militärischem Ton zu führen. In erhebenden Momenten tanzt er Tango wie ein Sehender, sitzt am Steuer eines Ferrari und schläft mit einer Frau - alles zum letzten Male, wie auch Charlie bald entsetzt erkennt.

Al Pacinos für den Oscar nomminierte Leistung in "Der Duft der Frauen" wurde vielleicht nur besonders herausgestellt, weil sie fast drei Stunden immer im Mittelpunkt steht. Als gerissener Immobilienhändler Ricky Roma wird Pacino in "Glengarry Glen Ross" bald wesentlich eindrucksvoller und facettenreicher zu sehen sein. Sein Partner Chris O'Donnell legt im Schatten des Stars eine solide Leistung hin. Der Konflikt seiner Rolle, die Abwägung von Loyalität gegen Karriere, beschäftigt den amerikanischen Film wieder vermehrt. Die moralische Grundlage wird in einem überdeutlichen, überflüssigen Anhängsel des ansonsten recht bewegenden Films gefestigt. Al Pacinos Slade gleicht eigentlich der extrem negativen Rolle Jack Nicholsons in "Eine Frage der Ehre". "Der Duft der Frauen" verschiebt nur die Wertungen, rückt den Charme und die Alltagstauglichkeit seines anderswo amoralischen Helden ins rechte (?) Licht. Damit endet die ansprechende Unterhaltung leider mit dem gängigen moralischen und dramaturgischen Hollywood-Schemata.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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