The Cell

USA 2000 (The Cell) Regie Tarsem, 107 Min.

Wer geglaubt hat, Jennifer Lopez könne nur laute Liedchen trällern, wurde schon durch Steven Soderberghs "Out of side" vom Gegenteil begeistert. Regieneuling Tarsem überrascht mit "The Cell" über alle Maßen und gibt dem Wort "Fantastisch" eine neue Dimension.

Der multiple perverse Serienmörder Carl (Vincent D'Onofrio, der Alien aus "Men in Black") wird von der Polizei gefunden - im Zustand des Komas. Aber nur er kann verraten, wo sein siebtes Opfer leidet. Die Frau erwartet ein grausiger, minutiös sadistischer Tod, wenn sie nicht rechtzeitig befreit wird. Alle Hoffnung der Polizei ruht jetzt auf der Psychologin Catherine (Jennifer Lopez). Über eine neue Apparatur dringt sie mit ihrem Bewusstsein in die Psyche ihres Patienten ein. Allerdings war die Begegnung mit der Innenwelt eines autistischen Jungen schon ein Horrortrip. Doch Catherine, mit ihrem masochistischen Helferkomplex, läßt sich von dem Polizisten Peter (Vince Vaughn) zu diesem unmöglichen Trip in die Seele eines Monsters überreden.

Die Psychologin dringt in atemberaubende Innenlandschaften des schizophrenen Serienmörders ein und duelliert sich in den ausgefallensten Kostümen und Rollen mit einem Monster. Sie entdeckt ihn in fantastischen Welten und Bauten, mal hilfesuchend, mal schrecklich bedrohlich und gefährlich, mal als kleiner Junge, dann als gottgleicher Gigant.

Es ist rundum ein dichtes Meisterwerk, über das man noch lange reden wird und aus dem noch viele zitieren werden. Mit der Intensität des Werbefilms stattete Regisseur Tarsem sein erstes langes Werk aus. "The Cell" bringt das schaurige "Seven"-Feeling wieder unter die Haut. Grausame Fantasien lassen "Das Schweigen der Lämmer" erneut hören. Vielleicht auch wegen Howard Shore, der schon die Musik zu diesen beiden anderen filmischen Grausamkeiten schrieb. Das ist auch der einzige Wermutstropfen: Weshalb sind solche fantastischen Filmwelten immer mit kaum erträglicher Gewalt gepaart? Weil es ohne die heftigen Adrenalinschübe vielleicht Kitsch wäre?

Nicht jedoch bei diesem ästhetischen Diamanten, der in vielen Facetten fesselt: Tiere bringen den Charakter ihrer Begleiter ins Bild: Carls Albino-Hund Valentin steht etwa der Katze Catherines gegenüber. Wie beim Russen Tarkowskij läuft der Hund in Zeitlupe durch fast sakrale gestylte Räume. Wasser fließt in den unterschiedlichsten Formen durch die ganze Geschichte, es geht um's eintauchen, um's untergehen, bis zu den in der titelgebenden Naßzelle eingesperrten Frauen.

Schwebend wie im Wasser hängen die verbundenen Personen in erdfarbenen Gummianzügen an Drähten in der Luft. Kostüm- und Setdesign überschwemmen die Augen mit unvorstellbaren Visionen. Warme Farben lullen ein, immer neue Schrecken halten Höchstspannung aufrecht. Die Warnung vor der Reise ins Innere, "Erinnere dich, es ist nicht real!", hält nicht lange vor. Immer wieder neue Szenarien gebären Alpträume in Serie. In der Tiefe finden sich die Spuren der Mißhandlung eines Kindes, das Monster ist der Sohn eines Monsters. Doch bis dahin ist die Reise hinter die alltäglichen Körperpanzer der Gewalt ein schillernder, oft unangenehmer, aber dann nie wieder zu vergessender Alptraum.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo