Chasing Amy

USA 1996 (Chasing Amy) Regie und Buch Kevin Smith, 105 Min.

Holden (Ben Affleck) ist ein gutaussehender, grosser, netter Jungmann, der manchmal etwas laecherlich wirkt in seinen Bemuehungen um Zweisamkeit. Zusammen mit seinem Kumpel Banky (Jason Lee) zeichnet er erfolgreich Comics. Nach einem sehr originellen Vortrag eines schwarzen schwulen Freundes ueber den Rassismus in "Star Wars" lernt Holden die gutaussehende, spritzige Alyssa (Joey Lauren Adams) kennen. Sie quatschen, scherzen und trinken miteinander, haben Spass, sehen sich wieder und in einer Bar singt Alyssa ein deutliches Liebeslied in seine Richtung. Aber der Blickkontakt ging knapp daneben: Alyssa meinte eine Freundin und Bettpartnerin knapp neben Holden. Alyssa ist Lesbe und Holden steht sehr dumm herum!

Nach diesem ersten (von vielen) humoristischen Hoehepunkten flippt der geknickte Verliebte aus, berappelt sich jedoch und geht mit Alyssa eine Freundschaft ein. Bei den naechsten Treffen haben die beiden ebensoviel Spass wie das Publikum an den flotten Szenen, den witzigen, offenen Gespraechen. Sie klaeren den etwas naiven Mann ueber andere Formen der Liebe auf, sowie ueber die typischen Unfaelle, die dabei vorkommen. Doch irgendwann gibt es den grossen Knall, denn auch Alyssa liebt Holden. Der Versuch, sich als "normales Paar" ins Glueck zu stuerzen, scheitert. Die dogmatischen Freundinnen kehren sich von Alyssa ab und Banky legt reihenweise Eifersuchtsszenen hin. In seiner Verzweiflung schlaegt Holden Alyssa und Banky eine extreme Loesung vor ...

Immer größere Sender kaufen sich die ErfolgsgarantieHoward Stern - und merken zu spät, was für einPulverfaß sie sich ins Haus holten. Die Grabenkämpfe miteinem kleinen Bürokraten, der für Ordnung sorgen soll,gehören zum kurzweiligsten Teil des Films. Da gibt es dieLive-Übertragung von Prügeleien auf der Chefetage, kleineRevolutionen und gewitzte Antworten auf die Schikanen.

Neben vielen spaßigen Radioshows erzählt Stern auchnoch von seinem Privatleben, der langjährigen Beziehung zuAlison (Mary McCormack) und betont dabei immer wieder seine braveTreue als Gegensatz zum Image des wilden Radiosprechers. Der ganzeprivate Teil von "Private Parts" ist reichlich uninteressant. Meistunbekleidete Laiendarsteller halten vor charakteristischenSchauplätzen Schrifttafeln in die Kamera. Das ist dann aber auchdas Einzige, womit der Film dem Charakter seines Themas entspricht.Reihenweise Songs mit reichlich Zeitcolorit werden vom Filmangespielt, der Soundtrack (WEA) müßte eine erleseneOldiesammlung bieten.

Exzellente junge Schauspieler geben dem einfuehlsamen, klugen Kinospass ebenso Schwung wie der flotte Schnitt von Kevin Smith. Der Regisseur spielt selbst wieder die Comic-Figur "Silent Bob". Der ansonsten verschlossene Typ hat im entscheidenden Moment die besten Tips parat. Wie Bob erklaert auch Smith sehr freundlich und nachvollziehbar, welche psychologischen Mechanismen und Katholizismus es Holden unmoeglich machen, mit einer Frau zusammenzuleben, die sexuell um einiges erfahrener ist. Der anfangs so aufgeschlossene und nette Holden verhaelt sich mit wachsenden Problemen zunehmend idiotischer. Es reicht halt nicht, jung und locker zu sein, um mit Zeiten zurechtzukommen, in denen zwischen den Menschen eine Menge geht und passiert. "Chasing Amy" ist die unterhaltsamste Aufklaerungsstunde, die das Kino bietet, komplett mit einer deutlichen Einfuehrung fuer Sex ohne Mann. Frau koennte sich darueber aufregen, dass Alyssas anscheinend nur lesbisch war, "weil sie noch nicht den Richtigen gefunden hat." Aber so und vor allem: so einfach erzaehlt es "Chasing Amy" nicht.

Autor und Regisseur Kevin Smith kehrte nach einem Grossprojekt wieder zum Low Budget zurueck. Die begrenzten Mittel erweisen sich dabei als aeusserst wohltuend. Nach dem traegen, lustlosen "Mall Rats" (fuer den sich der Regisseur im Abspann von "Chasing Amy" ausdruecklich entschuldigt) folgt nun die Kroenung der Trilogie, die mit dem sensationell erfolgreichen, schwarzweissen Billigfilm "Clerks" begann.

Die klaren Lichtstimmungen funktionieren im zeitgemaessen und farbigen Liebesfilm "Chasing Amy" gut. Einzelszenen wie der parallele Bodycheck beim Eishockey und auf der Zuschauertribuene bleiben nachhaltig haften. Dabei gewinnt Smith in seinem dritten Film eine tiefe Ernsthaftigkeit. Vor allem "mann" kann "Chasing Amy" wie einen guten Freund mit nach Hause nehmen und zu Rate ziehen, wenn der kleine Geist die grosse Vielfalt der Liebesweisen nicht verstehen will.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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