Brothers Grimm

Großbritannien/ Tschechien/ USA 2005 (The Brothers Grimm) Regie: Terry Gilliam mit Matt Damon, Heath Ledger, Monica Bellucci 119 Min. FSK ab 12

Grimmiges Märchen

Eigentlich ist er selbst eine Figur aus einem Grimm-Märchen: Terry im Glück, der mit einem Goldschatz fantastischer Ideen auszog und nach einigen Begegnungen mit Produzenten und Geldgebern nur noch Dreck in den Händen hält. Gilliam, Ex-Python und einer der genialsten Filmfantasten, scheiterte fast mit "Baron Münchhausen", selbst die Fragmente seines unvollendeten Don Quixote sind traumhaftes Kino, wie die Dokumentation "Der Mann von La Mancha" zeigt. Da sind selbstverständlich auch noch die Meisterwerke: "Brazil", "Time Bandits", "12 Monkeys", "König der Fischer" oder "Fear and Loathing in Las Vegas". Nun ging es wieder schief, ausgerechnet mit einem Märchenstoff, der wie gemacht für Gilliam schien.

Weise nannte der Verleih den Film "Brothers Grimm", denn das sehr frei historische Action-Märchen hat gar zu wenig mit den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm, den Märchensammlern und den Beförderern eines Wörterbuchs der deutschen Sprache, zu tun. Gilliams "Brothers Grimm" sind Betrüger, die im napoleonischen Deutschland für Geld eine Art Geister-Exorzismus betreiben, der sich als fauler Zaubertrick mit vielen technischen Spielereien erweist. Als ein despotischer Besatzungsoffizier (Jonathan Pryce) die Brüder Grimm (Matt Damon, Heath Ledger) in einen tatsächlich verzauberten Wald zwingt, bricht bei ihnen schiere Panik aus. Nur der sadistische Aufpasser Cavaldi (Peter Stormare) sorgt dafür, dass die einfallsreichen Trickser der Gefahr ins Auge sehen.

Die "Brothers Grimm" stürzen in ein Geflecht ihrer eigenen (später notierten) Märchen-Motive und mysteriösem, düsteren Gruselkrimi. Dabei sind die Referenzen an Grimms Märchen erstaunlich dünn gestreut. Mal wird Rotkäppchen durch den Wald gejagt, Hänsel und Gretel wurden schon vorher gefressen. Die böse Königin im hohen Turm verzaubert die Männer im Zauberspiegel, der auch ihre Fragen in Sachen "Schönste im Ganzen Land" beantworten soll. Man merkt allerdings an allen Ecken und Kanten, dass hier zu viele Leute den Brei verdorben haben. Nur selten kann das freie Fabulieren von Gilliam aufleben.

Gilliam erzählt in Interviews von den frühen - "Pre-TV" - Eindrücken durch die Märchen der Brüder Grimm, die ihn geformt hätten. Der Glaube an die Kraft von Märchen und Geschichten steht als Konflikt zwischen den Brüdern, zwischen dem vergeistigten Schreiber "John" (Heather Lodge) und dem mitten im Leben stehenden Will (Damon), der praktisch denkt. Die Metapher dafür sind Zauberbohnen, für die John in jungen Jahren eine Kuh eintauschte (auch dies ein Grimm-Motiv, aus "Hans im Glück"). Immer wieder bemühen die Streithähne im Gespräch die Zauberbohne, ohne dass sie am Ende noch mal Verwendung finden. Dort erinnert das nur auf den ersten Blick happy Ende wieder sehr an "Time Bandits", man hofft auf den nächsten, besseren Gilliam. Es wird nicht wieder sieben Jahre dauern: "Tideland" war bereits in San Sebastian zu sehen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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