Die Bartholomäusnacht

Fr 1994 (La Reine Margot) Regie: Patrice Chéreau, 140 Min.

Eine Farbe: Blut

Ein historisches Datum, die Ermordung tausender Protestanten in einem religiös entzweiten Frankreich. Die Nacht vom 23. auf den 24. August 1572 brachte Paris ein schreckliches Blutbad. Fall dies nicht in den Geschichtsbüchern steht, nach diesem Film ist es unumstößlich deutlich. Mit der Heirat von Marguerite de Valois (Isabelle Adjani), genannt Margot, und dem Protestanten Henri de Navarre (Daniel Auteuil) soll eine Versöhnung im französischen Herrscherhaus eingeleitet werden. Sie scheitert noch in der Hochzeitsnacht in einem eindrucksvollen Panorama aus Macht und Lust. Margot wird der leidenschaftliche Inzest mit ihren drei Brüdern, darunter König Charles IX, nachgesagt. Auch diese Nacht verbringt sie nicht mit ihrem Mann. Henri, ein in der herausgeputzten Umgebung auffallend dunkler, unästhetischer Charakter, kommt nur wie ein gehetztes Tier zu ihr, um mit einem weiteren geheimen Bündnis beider Überleben zu sichern. Doch eine der nächsten Nächte schafft neue Blutsbande, eine große Liebe, die als blutroter Faden durchläuft, und das Grauen, das eine große Film-Geschichte bis zum Ende erfüllt.

"Die Bartholomäusnacht" bleibt selbst in der Festivalkopie noch packend, die weitere 20 Minuten länger ist, als die 140-minütige Kino-Version. Anfangs gibt es vielleicht Zweifel an den historischen Kostümen und Kulissen. Greenaway-geschädigt geht der Blick hinter den Schein, doch die Grauen der Bartholomäusnacht, die dann eher an KZ-Fotos als an "Das Wunder von Macon" erinnern, schrecken jeden kritischen Abstand hinweg. Angewidertes Staunen verfolgt danach das Treiben der Bestien in Menschengestalt, deren Kleidung eigentlich nur passend ist, wenn sie mit Blut getränkt im Dreck schleift. Die Familienintrigen aus Dallas sind Kindergarten-Spiele gegenüber dieser königlichen Familienhistorie.

Auffällig an Chéreaus hervorragender Inszenierung ist schon die Hochzeitsfeier, bei der alles öffentlich bleibt, die Macht, die Liebe, der Haß. Hier ist Herrschaft noch extrem körperlich, riecht nach Blut und Schweiß. Die Autorin Danièle Thompson ließ sich bei ihrem Drehbuch nach Alexandre DumasÊauch von Heinrich Manns "Die Jugend und die Vollendung des Königs Henri Quatre" inspirieren. Muß man noch die Riege der unglaublich guten französischen Schauspieler herausstellen? Daniel Auteuil ("Meine schönste Jahreszeit", "Ein Herz im Winter") besticht auch im historischen Kostüm. Die Musik von Goran Bregovic ("Time of the Gypsies", "Arizona Dream") fällt wiederum als besonders interessant auf.Harry van Leuken

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AVZ:

Die Bartholomäusnacht

Fr 1994 (La Reine Margot) Regie: Patrice Chéreau, 140 Min.

Schon in "Nostradamus" gab es einen blutigen Vorgeschmack auf diese schreckliche Herrscherfamilie, die im historischen Gewand das Grauen lehrt: Marguerite de Valois (Isabelle Adjani), Margot genannte Schwester des französischen Königs Charles IX, heiratet 1572 den Protestanten Henri de Navarre (Daniel Auteuil) um die Konfessionen des Landes zu versöhnen. Das Monster dieser realistischen Geschichte nach Alexandre DumasÊ"La reine Margot" und Heinrich Manns "Die Jugend und die Vollendung des Königs Henri Quatre" ist die Mutter, Katherina de Medici. Sie veranlaßt die grausame Mordnacht wenige Tage nach der Hochzeit, in der die Protestanten in Paris und später im ganzen Land hingeschlachtet wurden. Die Musik von Goran Bregovic ("Time of the Gypsies", "Arizona Dream") verstärkt die Kraft dieser erschütternden Szenen, die grauenvolle Bilder des Holocaust und aktueller Kriege aufleben lassen. Doch die menschlichen Bestialitäten gehen weiter, auch nach der Bartholomäusnacht: Die Königsfamilie zerfleischt sich und den Eindringling Navarra. Mit Aufrichtigkeit, Glück und der Achtung von Margot überlebt er diesen Clan, der schon seine Mutter ermordete und wird schließlich selbst König.

Daß zwischen diesen Unmenschen, die im Blut waten, es ausschwitzen, eine Liebesgeschichte Raum findet, gehört zu den Kunststücken einer höchst beeindruckenden Inszenierung von Chereau. Der renommierte Theater- und Filmregisseur verwandelte die historische Geschichte der Autorin Danièle Thompson mit den brillanten französischen Darstellern Isabelle Adjani und Daniel Auteuil ("Meine schönste Jahreszeit", "Ein Herz im Winter") in eine großartige, lang nachwirkende Erschütterung.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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