Bram Stoker's Dracula
USA 1992, Regie: Francis Ford Coppola, 130 Min.
Von Günter H. Jekubzik
Nach Murnaus "Nosferatu", dem "Dracula" von Tod Browning und Roman Polanskis "Tanz der Vampire" wird das beliebte Blutsauger-Genre jetzt um "Bram Stoker's Dracula" bereichert. Francis Ford Coppola gab dem vor fast hundert Jahren veröffentlichten Roman ein eigenes Gesicht und das Zeug zum Klassiker.
Coppola führt die Grusel-Geschichte in einer knappen, beeindruckenden Einleitung zurück an ihre Wurzeln: Graf Dracula, Verteidiger der Christenheit gegen das Türkenheer, verliert seine geliebte Frau Elisabeta. Als die Kirche ihr ein christliches Begräbnis verweigert, wendet er sich in einer Blutorgie den bösen Mächten zu.Einige Jahrhunderte später reist der junge Harker, Angestellter einer Immobilienfirma, nach Transsylvanien. Graf Dracula möchte einige Wohnungen in London kaufen und schon bald häufen sich im Umkreis von Harkers Verlobter Mina (Winona Ryder) seltsame Ereignisse und an den Hälsen die Wundmale. Nachdem Minas lebenslüsterne Freundin Lucy der Versuchung mit den langen Eckzähnen erlag, beginnt der Kampf um die Seele Minas.
Der Regisseur von "Apocalypse Now" und des "Paten" zog alle Register filmischer Darstellungsmöglichkeiten. "Bram Stoker's Dracula" ist anzusehen, daß er seinem Schöpfern viel Spaß machte. Die Szenen sind lustvoll verschiedenartig und ertrinken im Überfluß der Ideen. Besonders die Verfolgungsjagd im Finale erweckt den Eindruck einer von Coppola langersehnten Spielerei, wobei es unwichtig war, ob auf der Kutsche 'Zigeuner' oder 'Indianer' kämpften. In rasenden Fahrten und ruckartigen Blicken erleben wir die Vampir-Perspektive. Eine zu schnell gekurbelte Sequenz erinnert an Stummfilmzeiten, kurz bevor Dracula eine frühe Kinematographen-Aufführung besucht. Draculas Schatten - eine untypische Vorstellung - läßt Coppola bedrohlich über Länder und Gesichter gleiten und gibt ihm eine überraschende Selbständigkeit. Während Keanu Reeves den blassen Büroangestellten Harker mit einer verblasenden Unauffälligkeit spielt, fasziniert ein anderer Vertreter der jungen Darstellergarde in der männlichen Hauptrolle: Gary Oldman füllt alle Wandlungen vom leidenden, alten Mann über häßliche Monsterfratzen bis zum eleganten Verführer vortrefflich aus. Selbst durch dickste Schminkschichten rührt seine Mimik zu den Tränen, die auch den Roman schon durchweichten.Durch die Wendung zur grausig-romantischen Geschichte einer immerwährenden Liebe steht Draculas ansonsten wichtigster Gegner Van Helsing (Anthony Hopkins) für reichlich grotesken Humor zur Verfügung. Er liefert auch das Stichwort Syphilis und behauptet, Vampirismus werde durch Blut übertragen. Ein Hinweis auf den Aidsvirus, der sich mit dem deutlichen Gegensatz zwischen langweiliger Sittenstrenge (Harker) und ausgelebter, aber auch bestrafter Lust (Lucy) vereinigt.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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