Bis ans Ende der Welt
BRD 1991 (Bis ans Ende der Welt) Regie Wim Wenders
Das finanziell und geographisch außergewöhnliche Projekt Wim Wenders, an dessen Ende "Bis ans Ende der Welt" als eine von drei Filmversionen steht, wird von der Kritik gleichzeitig bejubelt und verrissen. Tatsächlich hat das utopische Flight-Movie zwei, durch eine Pause getrennte Gesichter.
Kopflose Welt
Im Jahr 1999 wird eine kopflose Welt Schauplatz einer verrrückten Verfolgungsjagd. Claire (Solveig Dommartin) blickt einem Fremden tief ins Auge und da der Welt sowieso gerade der Himmel samt einem Atom-Satelliten auf den Kopf fällt, reist sie ihm über vier Kontinente nach. Die Liebessuche einer Detektivin wird durch Kopfgeldjäger und Agenten erleichtert, die ebenfalls hinter Trevor McPhee/Sam Farber her sind.
Auf der Reise "Bis ans Ende der Welt" sammelt Sam (oder Wim Wenders) Bilder für Blinde. Für Sams Mutter haben die Aufnahmen mit einer futuristischen Gehirn-Kamera die Funktion von Familienfotos. Ohne herausragende ästhetische Qualitäten bietet die scheinbar simple Fotosafari ausgefeilte Strukturen, witzige Paarungswechsel bei den Verfolgern und einige Zitate. Die optischen Anspielungen wurden nicht nur in der Filmgeschichte gesammelt - die Aufnahme von Sams Schwester Elsa erinnert zum Beispiel auch an Bildkompositionen Jan Vermeers. Dagegen haben die unentwegt dudelnden "Hits des Jahres 1999" oft nicht einmal Bezug zum Film, von aussagekräftiger Filmmusik ist nichts zu hören.
Welt im Kopf
Doch am Ende der Welt ändert sich vieles. Die Liebenden haben zueinander gefunden (Lieben heißt, dem Geliebten seine Augen leihen!). Die Zeit, die vorher aus den Fugen war, und die Reisebewegungen kommen zum Stillstand. Henry und Edith Farber (Max von Sydow/Jeanne Moreau) treten auf - die Handlung verlagert sich von der Welt in die Köpfe. Dem Akt des oberflächlichen Sehen folgt der Akt der Erinnerung. Die Bilder der Gehirn-Kamera sollen der blinden Mutter gezeigt werden, doch aller technischer Fortschritt wird überlagert vom uralten Vater-Sohn-Konflikt. Henry, der Wissenschaftler des Machbaren, wird zudem von der Idee, Träume darzustellen, unwiderstehlich in Bann gezogen. Die Videoaufzeichnungen machen alle Beteiligten zu Traum-Junkies, zu Köpfen ohne einen Bezug zur Welt.
In dem zweiten Teil sammeln sich die Aspekte der Reflektion über das Sehen an sich. Während der im Off erzählende Chronist immer mehr seine Macht erkennen läßt, zeigt der Film hier seine tieferen Werte, wird von dem flotten Reise-Video zu einem faszinierend vielschichtigem Film.
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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