Bad Lieutenant

USA 1992 (The Bad Lieutenant) R: Abel Ferrara, 96 Min.

Er ist ein Polizist und sein Leben macht ihn nicht glücklich. Der "Lieutenant" beschränkt sich auf die Verbrechens-Beobachtung während er Tausender verwettet. Seine Polizeiarbeit ist bestimmt vom eigenen Drogenhandel und vernebelt vom unmäßigen Konsum. Ohne Moral, ohne Regung, begeht er jede denkbare Ketzerei gegen den menschlichen Anstand. Regisseur Ferrara komprimiert dies im Bild der Lieutenants, der seinen Koks auf den Kommunionsbildern seiner kleinen Tochter schnieft. Zwischen seinen Deals, zwischen seinen sexuellen Ausbeutungen mit Hilfe der Polizeimarke verfolgt der Lieutenant ein Verbrechen, das selbst die zynischen Cops ernst werden ließ: Eine junge Nonne wurde auf dem Altar von zwei Männern vergewaltigt.

"Bad Lieutenant" dreht sich nur um eine Person, quasi die Monographie eines wortkargen, in sich verschlossenen Menschen, der auch keinerlei normalen Kontakt zu einer Person der Außenwelt hat. Seine Familie ist nur Kulisse, in der er sich ausschläft. Die Frauen, die ihm Spritzen setzen, sind austauschbar (auch wenn sich unter ihnen die Co-Autorin Zoe Lund versteckt). Nur die junge Nonne - ungebrochen durch ihr Leid und aufrecht neben dem menschlichen Wrack des Lieutenants - dringt einen Moment zu ihm durch: Ihr extremer Glaube - oder religiöser Wahn - leitet eine Erscheinung ein, an der sich die christliche Thematik des Films kristallisiert.

Der Lieutenant ist so heruntergekommen, wie es eine Hollywood-Figur nie sein würde. Die Handlung setzt ihn ins Zentrum, beläßt ihn aber bis auf wenige Großaufnahmen in seiner oft authentischen Umgebung, läßt das Leben um ihn in einer Art weiter pulsieren, wie es die üblichen Inszenierungen von Straßenszenen nie wiedergeben.

"Bad Lieutenant" ist durch seinen Stil und durch die Vermischung von harter, realistischer Schilderung mit religiöser Thematik ein provozierendes Kunstwerk. Es schockiert und befremdet vor allem durch das extreme Spiel Harvey Keitels. Der intensive Darsteller war schon 1973 in Scorseses "Mean Streets" neben DeNiro präsent und fällt in der letzten Zeit erneut durch exzellente Rollen (u.a. "Reservoir Dogs" und demnächst "Das Piano") auf. Keitel spielt nicht einfach den schlechten Lieutenant, er stülpt sein Innerstes nach außen, stellt die Figur nackend bloß und hinterläßt damit eine Erschütterung, die ich lange nicht im Kino erlebt habe.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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