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Aprilkinder

BRD 1998 (Aprilkinder) Regie Yüksel Yavuz, 85 Min.

"Du hast ja kein Check, Mann!" "Du hast ja keine Ahnung." In der Stärke und der Art des türkischen Dialekts unterscheiden sich die Brüder. Der ältere Cem (Erdan Yildiz) schuftet still und bescheiden in der Schlachterei, stinkt schweinisch nach der Arbeit, ist aber freundlich zu Mutter und Schwester. Mehmet (Bülent Esrüngün) hingegen hängt mit Haaren voller Gel, Lederjacke und Goldkettchen den Macho raus. Verdient dickes Geld mit den schmutzigen Geschäften seines Paten. Als Cem sich doch mal nur ein Bierchen gönnt, lernt er im Bordell Kim (Inga Busch) kennen. Die Deutsche ist Prostituierte in dem türkischen Puff, hat im Zimmer einen Gebetsteppich mit eingebautem Kompaß für Mekka und verliebt sich schnell in Cem. Er überwindet sich, öfter zu ihr zu kommen und dann lieben sie sich auch privat. Doch schon längst war Cems Heirat mit seiner Cousine arraniert. Als ihr kurdisches Dorf vom türkischen Militär zerstört wird, macht sie sich auf den Weg und Cem sollte eine Entscheidung treffen ...

Der brave Arbeiter. Der Sohn auf dem schlechten Weg. Die erzwungene Heirat. Das sind Klischees, die hölzern aufgebaut werden und bis zum Ende so stehen bleiben. Die kleine Schwester Dilan (Senem Tepe), die sich in Mehmets Freund verliebt. Mehmet selbst, der mit Drogen sehr viel Geld macht. Der kranke Vater dessen patriarchale Macht noch immer als Drohung über allem hängt. Weitererzählt werden diese Leben nicht. Der Film verbraucht seine ganze Zeit, um zu einer Situation zu kommen, die als Eröffnung sehr spannend wäre. "Aprilkinder" ist behäbig - nicht nur im Tempo, auch in der Figurenzeichnung und im erzählerischen Mut. Kein Schwung, kein Witz bei der drögen, nicht unbedingt sensationell neuen Geschichte.

Solche Geschichten zwischen den Generationen und Kulturen gibt es überall auf der Welt. Mal ist das Coming Out gegen die Traditionen ein sexuelles (wie beim griechisch-australischen "Head On") mal eins aus Liebe. Selbstverständlich erfahren wir einiges über das Familienleben von Kurden in Deutschland. Der Druck der Gemeinschaft, der sich am Ende in den vielen Gesichtern personifiziert, die eine rundblickende Kamera erfaßt. Die verschiedenen Sprachen und Sprachmischungen bei den Einwanderern. Aber dieses Wissen muß nicht so mühsam ersessen werden. Was ein Vergnügen, wieviel Leben bot da doch die französische Variante des Themas: "Vive les maries et la ..."

Der Titel "Aprilkinder" spielt auf die Geschichte eines türkischen Gastarbeiters und Bordellgängers an, dessen Kinder alle im April geboren wurden, weil er im Juli Jahresurlaub hat und zu seiner Frau in die Türkei kann. Diese Anekdote stellt noch die beste Geschichte im Film dar.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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