American Beauty

USA 1999 (American Beauty) Regie Sam Mendes, 122 Min.

Wenn die Teenies nur noch gegen die karge Grundausstattung ihrerFun-Jeeps rebellieren, wird es Zeit, dass die alten Herrschaften aufden Putz hauen, um aus diesem verrückten Werbefilm auszusteigen,der sich als Leben ausgibt.

Wieder einmal heißt es: "Das ist mein Leben". Aber etwassanfter, bürgerlicher als das "This ist your life" aus dem"Fight Club". Eine glückselige Stimme läßt verlauten:"In weniger als einem Jahr bin ich tot." Noch lebt Lester Burnham(Kevin Spacey) in der bürgerlichen, farblich fein abgestimmtenVorhölle einer amerikanischen Vorstadt, ist verheiratet mit derüberspannten Immobillienmaklerin Carolyn (Annette Bening). Diepubertierende Tochter Jane (Thora Birch) zeigt keine Begeisterungfür gar nichts, vernachlässigt ihr Aussehen und pflegt denHass auf die Eltern. Beim stilvoll unterkühlten Abendessenschlucken sie alle ihren Frust herunter und spülen mit etwasFahrstuhlmusik nach. Drei Menschen in der Falle ihres Lebensentwurfs,die amerikanische Variante der japanischen Familie mit demumgekehrten Düsenantrieb.

Dann hat Lester Burnham, der unmotivierte Versager, eine Vision:Angela (Mena Suvari), die minderjährige Freundin seiner Tochter,taucht ihn mit einem Gogogirl-Auftritt (im Stile von "ClockworkOrange") in feuchte Rosenträume. Der Joint des NachbarjungenRicky (Wes Bentley) liefert den Brennstoff für neues Leben. DenJob als "Hure der Werbeindustrie" schmeißt Lester nach vierzehnJahren hin, nicht ohne eine saftige Abfindung zu erpressen -wiederum: siehe "Fight Club".

Nun ergibt sich Lester seinen Tagträumen, kifft das beste(durch die US-Regierung entwickelte) Zeugs von Nachbarssohn Ricky,strafft seinen Midlife-Körper, joggt mit dem schwulenNachbarspärchen und bringt seine hysterischkarrieresüchtige Frau endlich zum Schweigen. Nebenbei findet erPink Floyd wieder und auch die Fähigkeit, sich zuüberraschen. Alle werden noch verrückter als bisher und dieMusik von Thomas Newman treibt den Wahnsinn gnadenlos voran.

Satirisch gemein, mutig bis kurz vor die Defloration einerMinderjährigen und durchzogen von Poesie wie von dem Rot derallgegenwärtigen Rosen. Doch eine Inhaltsangabe kann dieVielfalt dieses gleichermaßen genialen wie ans Lebenanrührenden Films nur auf eine simples Rosendüftchenreduzieren.

In dem sagenhaften, weltweit begeisternden Erstlings- undMeisterwerk des britischen Theaterregisseurs Sam Mendes findet gleichein dreifacher Ausbruch statt. Carolyn fährt endgültig vollauf den Erfolgstrip ab, was mit Knallern wie " In deinem Alter hattenwir nicht mal ein freistehendes Haus!" für viel Spaßsorgt. Doch wirklich dramatisch explodiert das Leben im Haus desRassisten nebenan. Der Nachbarssohn Ricky, der alles durch den Sucherseiner Videokamera sieht, hat seine eigene, erschütterndeGeschichte in dieser Monstershow der Vorstädte. Sein Vater istbei den Marines, Ricky verkauft Drogen. Die Familie besteht ausSchlägen, Terror und dem eisigen Schweigen vor Army-Filmen imFernsehen. Rickys Mutter vegetiert vor sich hin, er selbst versuchtseinem Vater mit manipulierten Urinproben - wegen der Drogen -reinzulegen, damit er nicht noch einmal in die Erziehungsanstaltmuss. Dabei ist Ricky der eigentliche Katalysator, derVeränderung schafft. Jane entdeckt ihr Selbstwertgefühlerst auf dem TV-Monitor im Nachbarhaus, dort wo Ricky ganz offenseine Videoaufnahmen zeigt. Kamera und Monitor funktionieren alsSpiegelersatz bei der klassischen Selbstfindung. (Hier zeigt sichauch im Topos eine Nähe zu Soderberghs Erstling "Sex, Lügenund Video". Peter Gallagher spielt übrigens wie damals wiederden Schnösel.) Die Liebe zwischen Ricky und Jane könntefür diese beiden ein Ausweg sein.

Spannend und vielschichtig werden Gesellschafts- undFamilienkonstellationen seziert. Es genügt ein mutiger undschmerzlich offener Blickwinkel und schon kann ein Film über dieUS-Gesellschaft wieder universal sein. "American Beauty" - einzynisch gemeinter, aber doch ambivalenter Titel für diesesympathische, offene und gradherzige Filmschönheit. Im Gegensatzzu wirklich bitteren Werken wie "Happiness" muß manhinzufügen: Meisterlicher und mutiger Mainstream. Zwar istdurchaus heikel, wie sich Lester als Mann erfüllt und das auchnoch vermittels eines gar nicht unschuldigenSchulmädchen-Traums, aber "American Beauty" macht mit seltenerlebter Einstimmigkeit alle glücklich.

 


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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