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Alles aus Liebe

USA 1997 (She's so lovely / Call it love) Regie Nick Cassavetes, 97 Min.

Maureen und Eddie bilden eines dieser durchgeknallten Paare, die von Film- und Literaturgeschichte innig geliebt werden. Sie, ein reiferes Girly - schwanger, hektisch, nervig. Säuft, raucht, hat ihren Spaß. Meist mit Eddie (Sean Penn), einem cholerischen Sensibelchen, ein sanfter Schläger, ein Opfer seiner Leidenschaften. Ein Idiot mit Waffe, aber ein verliebter Idiot - wenn das was ändert ... Doch wenn Eddie mit ihr tanzt, dann gewinnt er ihr Herz und ihr Verzeihen. Und die Szene erhält einen Ehrenplatz im Video der bewegendsten Tanzszenen. Das Gemisch aus Einsamkeit, Eifersucht, überschwänglicher Liebe ist explosiv. Maureen (Robin Wright Penn) wird allein gelassen und vergewaltigt. Eddie rastet aus, die Polizei steckt ihn in eine Zwangsjacke und dann in den Knast. Dort bleibt er zehn Jahre ohne Besuch, glaubt dass es nur drei Monate waren und wundert sich, weswegen Maureen ihn nicht abholt. Die hat sich inzwischen verheiratet und völlig gewandelt. Mit anderer Haarfarbe, dem Ehegatten Joey und drei Kindern führt sie ein arriviertes Familienleben. Eddies Rückkehr ist ein riesiger Schock für alle.

Maureen und Eddie, das ist eine Leidenschaft, besser: eine Abhängigkeit, so düster, depressiv und verregnet, dass man rätselt, wie es bloß weitergehen soll. Doch es kommt ganz anders, immer nahe am Rande einer Eskalation spielt sich eine Komödie der Menschlichkeiten ab.

Eddie gibt mittlerweile einen blondierten Engel, der sich seinem Kumpel Shortie (Harry Dean Stanton) schnappt, mal kurz vorbeikommt, um seine Frau abzuholen. Maureen ist völlig durch den Wind, aber ihre Entscheidung lautet einfach: Ich liebe ihn mehr ... Jetzt flippt Joey aus, eigentlich ein klarer, einfacher Typ, dessen traute Familie allerdings mit einem Schlag zusammenbricht. Chaotisches steht gegen geregeltes Leben. Nüchtern bleiben nur die sehr klugen Töchter, die genau das Richtige sagen, auch wenn sie mal ein frühes Bier trinken. Das ist dann wieder ein komödiantischer Teil, der innerhalb von Sekunden zu lebensgefährlicher Spannung wechselt. Am Ende erklingt der wild auf- und abbrausende Björk-Song "It's so quiet" (Es ist so friedlich) treffend für den ganzen Film.

"Alles aus Liebe" ist ein Familienfilm der ganz anderen Art. Es gibt kein Klischee, und wenn doch, dann um drüber zu lachen. Mit Leichtigkeit mischt Nick Cassavetes Dramatisches, Komisches, große Gefühle und kleine Gesten. Er realisierte eine Referenz an seinen in Filmkreisen sehr geschätzten, verstorbenen Vater John Cassavetes, der vor vielen Jahren das Drehbuch schrieb. Mit seinem früheren Film "Ein Licht in meinem Herzen" ehrte Nick seine Mutter Gena Rowlands, die diesmal einen Kurzauftritt hat. Nick erbte von John Cassavetes viele sehr bekannte Freunde, die in "Alles aus Liebe" mitspielen. Hauptdarsteller Sean Penn - Bester Darsteller von Cannes '97 - wollte das Buch von John Cassavetes sogar vor Jahren selbst verfilmen. Wieviel Kredit Nick Cassavetes als Sohn seines Vaters hat, sieht man in den Credits: Penns Frau Robin Wright ("The Crossing Guard", "Forrest Gump", "Message in a bottle") machte ebenso gerne mit, wie Nicks Mutter Gena Rowlands, Harry Dean Stanton und Superstar John Travolta, der auch produzierte.

Das Ergebnis ist ein ebenso origineller, wie sympathischer moderner Autorenfilm, mit dem der Verleih sich extrem schwer getan hat. Nach zwei Jahren und zwei Titeln darf das Publikum nun endlich sehen, wie leicht selbst die verrückteste Liebe ablaufen kann.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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