Adaptation.

USA 2002
Regie: Spike Jonze
Buch: Charlie Kaufman, Donald Kaufman nach der Reportage "The Orchid Thief" von Susan Orlean
Darsteller: Nicolas Cage, Meryl Streep, Chris Cooper, Tilda Swinton,
Clara Seymour
Länge: 114 Min.
Verleih: Columbia TriStar
Kinostart: 13. März 2003

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Die neue Zusammenarbeit von Spike Jonze und Autor Charlie Kaufman nach "Being John Malkovich" liefert wie erwartet Überraschendes in einer schrägen Komödie über einen verrückten Schreibprozess.
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Es gibt die Filme über Märchen und Träume. Es gibt Filme über das Leben. Und es gibt Filme über das Filmemachen. Letztere sind eigentlich nur für die ganz schlimmen Filmfans, solange diese Spielereien nicht auch etwas von den ersten Filmen enthalten. "Adaptation" hat das alles und ist nicht nur in dieser Hinsicht einzigartig. Regisseur Spike Jonze und Autor Charlie Kaufman gelten seit "Being John Malkovich" als Spezialisten für Schräges.

Wo soll ich anfangen? Wo komme ich her? Mit diesem Problem schlägt sich auch Autor Charlie Kaufman (Nicolas Cage) herum, der das unverfilmbare Buch "The Orchid Thief" von Susan Orlean in ein Filmscript verwandeln soll. Spike Jonze fängt gründlich an - einige Milliarden Jahre früher, zeigt die Entstehung des Lebens und dann wieder seinen Autor, der immer noch nicht weiter weiß: Ein fülliger Nicolas Cage mit schütterem Haar - endlich passt sein nicht gerade stargemäßes Äußeres mal zu einer Rolle! In Charlies ebenso unattraktiver Bude haust auch noch sein Zwillingsbruder Donald, ein eineiiges Gegenstück des verkopften Autors, von sich selbst überzeugt, simpel und unkompliziert. Das perfekte Setting für eine Schreibblockade. Doch zum Glück sind wir dem Schreibprozess der Buchadaption etwas voraus, sehen wie Susan Orlean (Meryl Streep), die ihre umjubelte Geschichte über einen Orchideenzüchter und -dieb schreibt und erlebt.

Dabei bekommen wir nicht nur einen Film und gleichzeitig sein Making Off präsentiert. Nach vielen Kurztrips in den Kopf von Malkovich irren wir nun für fast zwei Stunden in den Hirnwindungen von Charlie Kaufman herum - denen des fiktiven oder des realen? Es gibt in "Adaptation" eine ganze Menge realer Figuren: Beim Dreh zu "Being John Malkovich" sind der echte Star Malkovich und der echte Regisseur Jonze auf dem Set. Am Rande steht der Autor Charlie Kaufman, gespielt von Nicolas Cage. Seinen bitteren, von Unsicherheit angenagten Gedankengängen folgen wir. Hören seinen Wunsch, einen Film allein über die Schönheit der Blumen zu schreiben. Und erleben die Verzweiflung, dass noch nichts auf dem Papier steht, während die Produzentin drängelt. Nicht besonders förderlich ist auch das schnell in die Tasten gehauene Krimi-Drehbuch des unbegabten Bruders Donald, das als Negativbeispiel ("kein Voice over") mit abgegriffensten Ideen die stockende "Adaptation" begleitet. Selbstverständlich kommt auch in diesem billigen Erfolgsscript eine Multiple Persönlichkeit vor - passend zu dem seltsamen Zwillingspaar Charlie und Donald, die der Kritiker direkt als Vertreter des Intellektuellen und des Banalen interpretiert.

Kaufman setzt nach "Being John Malkovich" und "Human Nature" die Thematik seltsamer Stilblüten der Evolution fort. Ob der verzweifelte Drang des Autoren im Film, selbst etwas zu erleben, ernst gemeint ist oder aus Donald Kaufmans trivialer Feder stammt, muss erst mal überdacht werden. Wie eigentlich alles in diesem Film!

Es ist ein Kunststück, wie Jonze all die verschiedenen Ebenen und Zeiten übersichtlich miteinander erzählen lässt. Die ganze Geschichte ist im Grundsatz verrückt, das merkt auch Charlie irgendwann, doch man kann ihr folgen und den Humor, die Verdrehtheit, die Paradoxien genießen. Autoren, die sich selbst in ihre Geschichten einschreiben kennt Hollywood reichlich - schließlich ist in L.A. ja jeder ein Autor, Schauspieler oder Schriftsteller. Auch Nanni Morettis "Aprile" oder Fellinis "Achteinhalb" drehten sich um die kreative Blockade und präsentierten eine überraschende Lösung. Die verrückten Momente in "Adaptation", wenn die Geschichte mit dem Moment ihres Niederschreibens zusammentrifft, haben allerdings einen besonders schrägen Reiz.

Die Verwirrung setzt sich bei den Stabangaben fort: Der Autor Charles Kaufman - nicht die von Cage gespielte Figur, der echte Kaufman - steht dort neben seinem Koautor Donald Kaufman. Der ist allerdings reine Erfindung, doch die greise Jury bei den Golden Globes nominierte ihn trotzdem! Tatsächlich kann man Kaufman mit seinen Büchern zu "Adaptation" und "Confessions of a Dangerous Mind" zum Autor des Jahres 2002 krönen.

Ob das ganze jetzt anspruchsvolles Kino vom Besten oder Kassengift ist, bleibt einstweilen umstritten. Schade, dass "Human Nature" als gutes Argument für den Kaufman durch den Verleiher vorenthalten wurde.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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