21 Gramm

USA 2003 (21 Grams) Regie Alejandro González Iñárritu mit Sean Penn, Benicio Del Toro, Naomi Watts, Charlotte Gainsbourg 125 Min. FSK ab 12

Drei Menschen, drei Schicksale - jedes tragisch genug für eigenen Film. Was sie zusammen bringt, erzählt von zwei Welten: Auf der einen Seite das Herz, ein einfacher Muskel, und das Blut, ein Mythos. Dem gegenüber steht der Glaube, die Religion. Und alles zusammen ergibt in der Inszenierung von Alejandro González Iñárritu einen dieser Filme, die einen nicht mehr los lassen ...

Ein schwerkranker Mann (Sean Penn), der ein neues Herz braucht. Seine junge Frau (Charlotte Gainsbourg) will ein Kind von ihm, auch -oder gerade - weil er bald sterben könnte. Dann eine Frau (Naomi Watts), die alles hatte und jetzt in ihrem Schmerz untergeht, ohne ihn zu zeigen. Und dazwischen, als Bindglied, als Verkörperung der Tragik, ein Ex-Sträfling (Benicio Del Toro), der in der Religion Rettung und Halt sucht.

Augen und Kopf müssen fleißig arbeiten, um die Zusammenhänge von "21 Gramm" herzustellen. Mit Lust werden die Regeln der gängigen Erzählkonventionen gebrochen, keine Kontinuität der Zeit gibt Halt, Achsensprünge machen den erlebten Raum unsicher. Aber dabei öffnen sich Ideen, die hinter der Krücke Handlung liegen. So ergreift "21 Gramm" gleichzeitig Herz und Verstand, man hofft auf eine Lösung für die tragisch verwobenen Schicksale und analysiert gleichzeitig die zu Grunde liegenden Triebfedern der fatalen Handlungen. Die aggressive, wilde Machart, die man schon in "Amores Perros" erlebte, wirkt verwirrend und anstrengend, aber dadurch auch sehr intensiv. Wobei dieser Effekt wegfällt, wenn der Film zur Ruhe und zum auflösenden Finale kommt und fast schon langweilig wirkt.

Um doch noch eine Erklärung vorweg zu nehmen: Der Titel "21 Gramm" spielt auf das lächerliche Gewicht an, das der Mensch im Moment des Todes verlieren soll. Und stellt unweigerlich die Frage, worin das Leben dann liegen kann, wenn nicht in diesen paar Gramm. Im Herzen? Im Glauben?

"Amores Perros", der große Erfolg des Mexikaners Alejandro González Iñárritu war ein Paukenschlag, brutaler als der rundere, tiefere "Y tu Mama tam bien" auch aus Mexiko, aber vor allem packend. Jetzt folgt mit "21 Gramm" sein erster "Hollywood-Film", der sich zum Glück mit Sean Penn und Benicio Del Toro nur einige Ikonen des Anti-Hollywood herauspickt. In schmutzigen, verwaschenen Bilder ist auffällig, das Alejandro González Iñárritu den grauen (Stadt-) Landschaften nichts abgewinnen kann. So bleibt eine Konzentration auf die Schauspieler, auf grandiose Schauspieler! Sean Penn hat praktisch eine Doppelrolle als Kranker und als Rächer des Mörders seines Herzens. Benicio Del Toro ist wieder einmal genial, er ist einer dieser Leute, die so gut in ihre Rollen schlüpfen, dass man sie oft nicht wieder erkennt. In "Fear and Loathing in Las Vegas" war er Dr. Gonzo, der dauernd bedröhnte Begleiter von Johnny Depp. In der Gangster-Komödie "Snatch" spielte er Franky Four Fingers, einen der durchgeknallten, schrägen Figuren. In Soderberghs "Traffic" kämpfte Del Toro gegen den Drogenverkehr. Die fragile Französin Charlotte Gainsbourg ("Die kleine Diebin", "Love etc.") wirkt in einer "amerikanischen" Rolle ebenso einnehmend und beeindruckend wie in ihren vielen französischen Parts. Nur Naomi Watts bleibt etwas blass. Das Ensemble erhielt beim Festival von Venedig den Darstellerpreis.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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