Europa

D/F/Dänemark/Schweden 1988 Regie: Lars von Trier mit Jean-Marc Barr, Barbara Sukowa, Udo Kier, Ernst Hugo Järegård, Eddie Constantine 112 Min

Hypnotisch

Die Leinwand erhellt sich im Licht eines Scheinwerfers. Vor uns tauchen Bahnschienen aus der Dunkelheit auf und verschwinden wieder. Dazu das gleichmäßige Rattern eines Zuges. Eine sonore Stimme spricht zu uns: „Wenn Sie die Zahl Eins hören, sind Sie in Europa. 10. Ihr Lieder werden schwer. 9...“ Wir befinden uns im Nachkriegsdeutschland des Jahres 1945. Der junge Brite deutscher Abstammung Leopold Kessler (Jean-Marc Barr) will etwas für den Wiederaufbau tun und meldet sich als Schlafwagenschaffner für die Bahngesellschaft „Zentropa“. Draußen verübt die Widerstandsgruppe der „Werwölfe“ Anschläge gegen die Züge, die während des Kriegs auch Juden abtransportierten und die Besatzermacht versucht im Chaos die Oberhand zu behalten. Mitten in diesem Netz aus Gewalt und Intrigen gerät Kessler zwischen die Fronten und verliebt sich in Katharina Hartmann (Barbara Sukowa), ohne zu ahnen, dass auch sie sich längst für eine Seite entschieden hat und bereit ist, sich völlig für die Sache aufzugeben.
Von der ersten Minute an hypnotisiert Lars von Triers („Dogville“) „Europa“ den Zuschauer. Dazu hätte es der beschwörenden Stimme von Max von Sydow gar nicht bedurft. In düsterem Schwarz und blassem Weiß gedreht schickt von Trier den großartig agierenden Ausnahmedarsteller Jean-Marc Barr („Im Rausch der Tiefe“) als naiven Gutmensch auf eine kafkaeske Reise, durch ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte, das an dem Punkt der Geschehnisse noch lange nicht zu Ende war. Von Triers Kreuzzug, die Konventionen des Kinos durcheinander zu wirbeln fing mit diesem 1988 gedrehten, zweiten Teil seiner „Trilogie der Einsamkeit“ gerade erst an, erfuhr aber bereits einen frühen Höhepunkt. Nach „Epidemic“ ist nun auch „Europa“ erstmals regulär im Kino zu bewundern.

Eine Kritik von Lars Tunçay

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